Der Begriff Patent bedeutet soviel wie „offen darliegend“ (abgeleitet vom lateinischen „patens“ bzw. „patentis enis“).
Das Patent ist ein geprüftes Ausschließlichkeitsrecht an einer technischen Lehre und gewährt ein staatliches Monopol für auf dieser Grundlage entwickelte Produkte oder eingesetzte Verfahren. Es bietet einen umfassenden Schutz der technischen Lehre und gewährt in rechtlicher Hinsicht
- Schutz vor Nachahmung,
- Maßnahmen gegen Produktpiraterie,
- Schutz vor späteren Anmeldungen.
Aber auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht ist das Patent für Erfinder und Unternehmen von herausragender Bedeutung.
Der wirtschaftliche Nutzen für den Inhaber eines Patents besteht in erster Linie darin, dass eine technische Erfindung vor gewerblicher Nutzung durch andere Personen geschützt ist. Ein Patent gewährt dem Inhaber ein räumlich begrenztes und zeitlich befristetes Monopol, die patentierte Erfindung allein zu nutzen und anderen die nicht autorisierte gewerbliche Nutzung zu verbieten. Gegen Verletzungen dieses Monopols kann der Inhaber vorgehen und von dem „Verletzer“ insbesondere Unterlassung, Vernichtung der rechtswidrig hergestellten Erzeugnisse und Schadensersatz verlangen. Zudem erlaubt ein Patent dem Inhaber, seine Erfindung wirtschaftlich zu verwerten, indem er Lizenzen an Dritte vergibt. Die hierfür anfallenden Lizenzgebühren stellen eine zusätzliche Einnahmequelle dar.
Mit der Erlangung eines Patents steigt regelmäßig das Ansehen eines Unternehmens auf dem Markt, insbesondere bei den Kunden, da dies auf ein hohes Maß an Innovationskraft hinweist. Deshalb lässt sich ein Patenten zumeist hervorragend in der Werbung verwenden.
Achtung
Wird in der Werbung, zum Beispiel durch eine Formulierung wie „zum Patent angemeldet“ oder „deutsches Patent“, auf den patentrechtlichen Schutz eines Produkts hingewiesen, löst dies automatisch einen Auskunftsanspruch aus. Gemäß § 146 PatG ist der Patentinhaber verpflichtet, jedem, der ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Rechtslage hat, auf Verlangen Auskunft darüber zu geben, auf welchem Patent oder auf welcher Patentanmeldung die betreffende Aussage beruht.
Ein Patent kann außerdem zur wirtschaftlichen Absicherung dienen, insbesondere als Sicherheit bei der Vergabe von Krediten, und den Unternehmenswert erhöhen. Zudem kann es für eine Verbesserung des Innovationsklimas innerhalb des Unternehmens sorgen und Anreiz für die Mitarbeiter sein, selbst kreativ und erfinderisch tätig zu werden.
Allgemeines
Gegenstand des Patents ist eine technische Lehre. Dadurch unterscheidet sich das Patentrecht von den anderen großen Gebieten des geistigen Eigentums:
- Urheberrecht: Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst
- Markenrecht: Kennzeichen
- Designrecht: äußere Gestaltung von Produkten
Beispiele von Erfindungen
- Mechanische Erfindungen, z.B. der Benz-Patent-Motorwagen,
- Elektrotechnische Erfindungen, z.B. der Swipe-Mechanismus eines Smartphone,
- Chemie-Erfindungen, z.B. ein neuartiges Lösungsmittel,
- Pharmazeutische Erfindungen, z.B. Viagra,
- Biotechnologische Erfindungen, z.B. die Krebsmaus oder ein Antikörper,
- Computerimplementierte Erfindungen, z.B. Software zur Steuerung eines Antiblockiersystems
Anders als das US-Recht schließt das deutsche und europäische Recht nicht-technische Gegenstände vom Patentschutz aus (§ 1 Abs. 3 PatG).
Das Patent ist ein Ausschließlichkeitsrecht an der Erfindung, also ein Recht des geistigen Eigentums.
Das Patent ist ein geprüftes Registerrecht. Ohne Anmeldung keine Prüfung, ohne Prüfung keine Erteilung.
Die materiellen Erteilungsvoraussetzungen werden vom Patentamt vor Erteilung geprüft. Dadurch unterscheidet sich das Patent vom Gebrauchsmuster.
Jede Patentanmeldung wird 18 Monate nach der Erteilung veröffentlicht. Patentrecht als „Deal“: Schutz gegen Offenlegung
Möglichkeiten der Anmeldung
Grundsätzlich sind Patenanmeldungen bei den Patentämtern einzureichen. Es stehen drei Wege offen, um für eine Erfindung Patentschutz zu erhalten:
- Nationale Patentanmeldung, zum Beispiel beim DPMA,
- Europäische Anmeldung gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ), mit der ein europäisches Patent beim Europäischen Patentamt (EPA) erworben werden kann,
- Patentzusammenarbeitsvertrag („Patent Cooperation Treaty“, PCT), mit dem in allen 148 Staaten, die den PCT unterzeichnet haben, Schutz beansprucht werden kann.
Die drei Wege zum Patent lassen sich entweder einzeln beschreiten oder miteinander kombinieren.
Tipp
Patentverfahren sind in der Regel äußert schwierig, sie erfordern sowohl bei der Anmeldung als auch bei der Durchsetzung und Verteidigung vertiefte Spezialkenntnisse. Es empfiehlt sich daher in den meisten Fällen, Spezialisten damit zu beauftragen. Dies sind insbesondere:
- Patentanwälte, die meist Ingenieure oder Naturwissenschaftler sind und zudem über eine fundierte juristische Zusatzausbildung verfügen
- Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz, die über besondere Kenntnisse im technischen oder naturwissenschaftlichen Bereich verfügen
Voraussetzungen
Nach § 1 Abs. 1 PatG werden Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, die
- neu sind (§ 3 PatG),
- auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen (§4 PatG) und
- gewerblich anwendbar sind (§ 5 PatG).
Ob die Erfindung einen praktischen Fortschritt mit sich bringt, wird – anders als im früheren deutschen Recht – nicht geprüft.
Erfindung
Unter einer Erfindung versteht das DPMA, das BPatG und das EPA
- die Lehre zum praktischen Handeln, die
- realisierbar und
- wiederholbar ist und
- die Lösung einer technischen Aufgabe durch technische Mittel darstellt.
Lehre zum Handeln
Eine Lehre zum Handeln bedeutet die Anweisung zur Erzielung eines konkreten Erfolgs durch Einsatz von Naturkräften (nicht aber abstrakte oder theoretische Erkenntnisse). Sie besteht aus einer Aufgabe und deren Lösung. Der Erfinder muss also angeben, worin die Aufgabe besteht und auf welchem Weg sie zu lösen ist.
Der Begriff „Lehre“ darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass nur Verfahren patentierbar sind. Möglich sind vielmehr folgende Patentkategorien (§ 9 PatG):
- Erzeugnis- oder Sachpatent: es erstreckt sich auf einen Gegenstand – eine Sache, eine Vorrichtung, eine Anordnung, einen Stoff oder ein Mittel, der Schutz erstreckt sich auf sämtliche Verwendungen der Sache,
- Verfahrenspatent: es erstreckt sich auf einzelne Schritte in bestimmter Zeitabfolge, durch die ein Erfolg hervorgebracht wird,
- Verwendungspatent: Nutzung eines bestimmten Stoffs zu einem bestimmten Zweck.
Realisierbarkeit
Die Erfindung muss ausführbar und fertig sein. Ein rein spekulatives Desiderat, das gegen derzeit anerkannte Naturgesetze verstößt (z.B. ein perpetuum mobile), erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Beachte
Gemäß § 34 Abs. 4 PatG ist die Erfindung ist zwar so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann, hierbei handelt es sich jedoch um eine formale Erteilungsvoraussetzung
Eine mangelnde Offenbarung spricht nicht gegen die Existenz einer Erfindung.
Wiederholbarkeit
Die Erfindung muss wiederholbar sein. Sie darf also nicht auf Zufall beruhen.
Es gilt der Grundsatz: Der Weg des Erfinders muss beliebig oft nachvollziehbar sein.
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind selten. Beispielsweise wird bei biologischem Material, das hinterlegt wird, durch die Möglichkeit der Entnahme einer Probe die Wiederholbarkeit gesichert. Es ist daher in diesem Fall nicht erforderlich, darüber hinaus ein weiteres Verfahren zur Herstellung des biologischen Materials anzugeben.
Naturstoffe
Patente werden für Erfindungen auch dann erteilt, wenn sie
- ein Erzeugnis, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder
- ein Verfahren, mit dem biologisches Material hergestellt oder bearbeitet wird oder bei dem es verwendet wird, zum Gegenstand haben (§ 1 Abs. 2 PatG).
Eine Erfindung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der betreffende Stoff in der Natur bereits vorhanden ist (§ 1 Abs. 2 PatG). Allerdings genügt der bloße Hinweis auf die Existenz des Stoffes oder seine bekannte Funktion nicht. Erfindungen können aber die Isolierung und Bereitstellung des Stoffes und dessen synthetische Herstellung sein (§ 1 Abs. 2 PatG)
Für menschliche Körpersubstanzen wird dies in § 1a Abs. 1 und 2 PatG dahingehend konkretisiert, dass Körper und seine Bestandteile selbst nicht patentierbar sind, wohl aber isolierte oder synthetisch hergestellte Bestandteile.
Nichterfindungen
Als Erfindungen werden insbesondere nicht angesehen (§ 1 Abs. 3 PatG):
- Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden
- Ästhetische Formschöpfungen
- Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten
- Spiele
- Geschäftliche Tätigkeiten
- Programme für Datenverarbeitungsanlagen
- Wiedergabe von Informationen
Der Patentfähigkeit steht nur insoweit entgegen, als für die genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche Schutz begehrt wird (§ 1 Abs. 4 PatG).
Entdeckung
Unter einer Entdeckung versteht man das Auffinden von etwas Bekanntem oder eine reine Erkenntnis. Sie ist keine technische Lehre und daher nicht patentierbar, da sonst die Gefahr eines entwicklungshemmenden Schutzes bestehen würde.
Merke
Die Entdeckung bereichert das Wissen, die Erfindung bereichert das Können!
Wird für eine Eigenschaft eines Materials eine praktische Verwertung gefunden, so handelt es sich um eine Erfindung, die patentierbar ist.
Beispiele
Die Beschreibung der Tendenz der Magnetnadel, sich nach Norden auszurichten, ist Entdeckung; der Einbau der Magnetnadel in einen Kompass ist Erfindung.
Die Entdeckung, dass ein bestimmtes bekanntes Material stoßfest ist, ist nicht patentierbar; aus diesem Material hergestellte Eisenbahnschwellen könnten jedoch durchaus patentierbar sein.
Wissenschaftliche Theorien
Hierbei handelt es sich nur um eine allgemeinere Form von Entdeckungen. Es gilt daher ebenfalls der o.g. Grundsatz, dass die Theorie als solche nicht patentierbar ist, wohl aber deren praktische Verwendung.
Beispiel
Die physikalische Halbleitertheorie ist nicht patentierbar. Neue Halbleiterelemente und Verfahren zu ihrer Herstellung können jedoch patentierbar sein.
Mathematische Methoden
Hierbei handelt es sich um ein besonderes Beispiel für den Grundsatz, dass rein abstrakte oder intellektuelle Methoden nicht patentierbar sind.
Beispiel
Ein abstraktes abgekürztes Divisionsverfahren wäre von der Patentierbarkeit ausgeschlossen; eine entsprechend gebaute Rechenmaschine (z.B. für die Ausführung eines Programms zur Anwendung der Methode) jedoch nicht.
Ästhetische Formschöpfung
Ein auf eine ästhetische Formschöpfung gerichteter Gegenstand umfasst in der Regel sowohl technische Aspekte als auch ästhetische Aspekte, die im Wesentlichen subjektiv zu beurteilen sind. Weist eine solche ästhetische Formschöpfung technische Merkmale auf, handelt es sich nicht um eine ästhetische Formschöpfung “als solche”, und sie ist nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.
Beispiel
Die ästhetische Wirkung eines Gemäldes ist nicht patentfähig; die Verwendung bestimmter Malstoffe dagegen wohl (z.B. Likörelle von Udo Lindenberg).
Pläne, Regeln und Verfahren
Bei Plänen, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten handelt sich um weitere Beispiele für Gegenstände mit abstraktem oder intellektuellem Charakter.
Eine geschäftliche Tätigkeit bleibt auch dann vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn sie die Möglichkeit impliziert, dass nicht angeführte technische Mittel verwendet werden, oder wenn sie einen praktischen Nutzen hat.
Beispiele
- Plan zur Erlernung einer Sprache,
- Verfahren zur Lösung von Kreuzworträtseln,
- Plan zur Organisation einer kommerziellen Tätigkeit
Programme für Datenverarbeitungsanlagen
Zwar sind Computerprogramme an sich nach deutschem und europäischem Recht nicht patentfähig. Erfindungen, die Computerprogramme umfassen, können jedoch in verschiedener Form als sogenannte “computerimplementierte Erfindungen” geschützt werden. Mit diesem Ausdruck sollen Erfindungen abgedeckt werden, die Computer, Computernetze oder andere programmierbare Vorrichtungen umfassen, wobei mindestens ein Merkmal durch ein Programm realisiert wird.
Maßgeblich ist insoweit, das Programm beim Ablauf auf einem Computer einen weiteren technischen Effekt bewirkt, der über die physikalische Wechselwirkung zwischen dem Programm (Software) und dem Computer (Hardware) hinausgeht. Dementsprechend kann in folgenden Fällen ein Patent erteilt werden::
- Wenn eine Erfindung vorliegt, bei der eine Software mit einem Computer ein gewerbliches Verfahren oder die Arbeitsweise eines Geräts steuert (zum Beispiel das „One-click-shopping“, das eine Bestellung mit nur einem Mausklick ermöglicht).
- Wenn das Computerprogramm ein notwendiges Mittel ist, um einen technischen Effekt zu erzielen, der durch die innere Funktionsweise zustande kommt, die der Computer selbst unter Einwirkung des betreffenden Programms zeigt (zum Beispiel das Musikkompressionsformat MP3).
Wiedergabe von Informationen
Unter Wiedergabe von Informationen ist die Weitergabe von Informationen an einen Nutzer zu verstehen. Sie betrifft sowohl den kognitiven Inhalt der wiedergegebenen Informationen als auch die Art der Darstellung (z.B. Tabellen, Formulare).
Die Wiedergabe ist nicht auf visuelle Informationen begrenzt, sondern umfasst auch andere Wiedergabearten (z.B. Audio- oder haptische Informationen).
Sie erstreckt sich jedoch nicht auf die technischen Mittel, die zur Erzeugung der Informationswiedergabe verwendet werden.
Wichtig
Benutzeroberflächen (insbesondere GUIs) umfassen Merkmale für die Darstellung von Informationen und eine Dateneingabe in Erwiderung darauf im Rahmen einer Mensch-Maschine-Interaktion. Insofern gilt:
- Merkmale, die Nutzereingaben umfassen, haben eher technischen Charakter als solche, die ausschließlich die Datenausgabe betreffen.
- Merkmale der grafischen Gestaltung eines Menüs, die durch ästhetische Überlegungen, subjektive Nutzerpräferenzen oder administrative Regeln bestimmt sind, weisen dagegen eher selten einen weiteren technischen Effekt auf.
Ausnahmen von der Patentierbarkeit
Für folgende Erfindungen werden keine Patente erteilt (§ 2 Abs. 1 PatG):
- Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde,
- Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen,
- Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens,
- Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken,
- Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere.
Bei der Frage, ob ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten vorliegt, ist Folgendes zu beachten:
- Die öffentliche Ordnung (ordre public) ergibt sich aus den tragenden Grundsätze der Rechtsordnung. Das Patentrecht erlaubt nur die Benutzung der patentierten Erfindung innerhalb des geltenden Rechts.
- Die guten Sitten sind insbesondere anhand verfassungsrechtlicher Wertungen zu konkretisieren. Insoweit ist an die Überzeugung anzuknüpfen, dass ein bestimmtes Verhalten richtig und vertretbar, ein anderes dagegen falsch sei. Diese Überzeugung muss sich auf die Gesamtheit der europäische Kulturkreis tief verwurzelten, anerkannten Normen gründen.
Vor diesem Hintergrund kommt es also auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Erfindung an. Bloße Missbrauchsmöglichkeiten oder das Verbot der Verwendung stehen der Patentierbarkeit nicht entgegen (§ 2 Abs. 1 PatG). Auch Erfindungen, die sowohl für erlaubte als auch für sittenwidrige Zwecke genutzt werden können (z.B. Waffen und Gift), sind demnach patentfähig.
Beispiele
- Patentfähig
- Waffen
- Giftstoffe
- Kopiergerät mit besonderer Eignung zur Herstellung von Falschgeld
- Nicht patentfähig
- Briefbombe
- völkerrechtlich geächtete Kampfstoffe
Gebiet der Technik
Eine Erfindung muss eine „Lehre zum technischen Handeln“ darstellen. Erforderlich ist insoweit
- eine reproduzierbare Anweisung zur Benutzung technischer Mittel,
- die sich zum Beispiel auf technische Verfahren (einschließlich chemischer Verfahren), Anwendungen, Schaltungen, Maschinen oder Vorrichtungen bezieht,
- zur Erreichung eines technischen, ästhetischen oder sonstigen Erfolgs.
Die Lehre zum planmäßigen Handeln weist technischen Charakter auf, wenn sie unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte einen kausal übersehbaren Erfolg herbeiführt.
Mit dieser Voraussetzung grenzt sich das Patentrechts von anderen Rechten des geistigen Eigentums ab:
- Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst → Urheberrecht,
- Ästhetische Gestaltungen → Designschutz,
- Kennzeichen → Markenrecht.
Wichtig
Reine Theorien, wissenschaftliche Lehren oder Anweisungen an den menschlichen Geist sind somit ebenso wenig schutzfähig wie Geschäftsmethoden.
Neuheit
Eine Erfindung gilt als „neu“, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört (§ 3 PatG).
Durch diese Anforderung soll der Stand der Technik von der erneuten Patentierung ausgeschlossen werden. Zur Prüfung der Frage, ob eine Erfindung neu ist, ist zunächst zu definieren,
- was zum Stand der Technik gehört,
- welcher Stand der Technik relevant ist und
- welchen Gehalt der relevante Stand der Technik besitzt.
Danach ist ein Vergleich der Erfindung mit dem so definierten Stand der Technik vorzunehmen. Schließlich ist festzustellen, ob sich die Erfindung von diesem Stand der Technik unterscheidet. Falls ein Unterschied besteht, ist Neuheit gegeben.
Stand der Technik
Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind (§ 3 Abs. 1 PatG).
Es bestehen grundsätzlich keine Beschränkungen dahin gehend, an welchem Ort, in welcher Sprache und in welcher Weise die in Betracht zu ziehende Information der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.
Der Stand der Technik umfasst auch den Inhalt älterer Patentanmeldungen, die erst nach der jüngeren Patentanmeldung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde (§ 3 Abs. 2 PatG). Das heißt: War eine Erfindung bereits Gegenstand einer älteren Patenanmeldung, gilt sie nicht mehr als neu, auch wenn die ältere Anmeldung zuvor noch nicht öffentlich bekannt war.
Das Patentrecht schützt auch nicht gegen unabhängige Parallelerfindungen. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Erfinder die neuheitsschädliche Technik kannte oder nicht (sog. “objektiver Neuheitsbegriff”).
Öffentlichkeit
Unter Öffentlichkeit versteht man einen unbegrenzten Personenkreis, der die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat.
Ist es für ein Unternehmen aber noch vor der Anmeldung eines Patents erforderlich, die Erfindung einem Dritten (z.B. einem Lieferanten oder Kunden) zu offenbaren, kann die Öffentlichkeit dadurch ausgeschlossen werden, dass mit dem Dritten zuvor eine Geheimhaltungsvereinbarung geschlossen wird. Hierdurch wird nämlich die Kenntnisnahme auf einem bestimmten Personenkreis begrenzt.
Wichtig
Bei Weitergabe an begrenzten Personenkreis ist entscheidend, ob Außenstehende die Möglichkeit der Kenntnisnahme haben. Insoweit gilt:
Geheimhaltungspflichten schließen die Öffentlichkeit zwar aus, Geheimnisverrat macht aber eine Erfindung öffentlich!
Zugänglichkeit
Eine Zugänglichkeit setzt die objektive Möglichkeit voraus, das Wesen der Erfindung zu erkennen. Nicht veröffentlichtes firmeninternes Wissen ist nicht dem Stand der Technik zuzurechnen.
Auf die Art des Zugangs kommt es nicht an. Möglich sind beispielsweise
- Schriftliche Beschreibungen , z.B.
- Zeitschriften, Bücher
- Handbücher, Bedienungsanleitungen
- Internet-Veröffentlichungen (nicht aber Mitteilungen in einer vertraulichen E-Mail, nur weil sie abgefangen werden könnte)
- Mündliche Beschreibungen, z.B.
- Vorträge
- Vorlesungen
- Gespräche mit anderen Firmen (sofern keine Vertraulichkeit vereinbart wurde)
- Benutzung
- Sie muss geeignet sein, das Wesen der Erfindung offenzulegen (z.B. Verkauf eines Arzneimittels, dass Fachleute analysieren können).
- Insoweit genügt ein einziger Verkauf oder die Überlassung zu Testzwecken, sofern der Dritte nicht zur Geheimhaltung verpflichtet wurde.
- Unerheblich ist, ob dies an einen Nicht-Fachmann erfolgte.
- Sonstige Weise
- Diese Regelung dient als Auffangtatbestand, so dass der Zugang auf keinen bestimmten Informationsträger beschränkt wird.
Bezugsgebiet
Maßgeblich ist der weltweite Stand der Technik.
Beispiel
Basmatireis kann nicht als neuartiges Nahrungsmittel patentiert werden, wenn er als solches in Asien schon seit Generationen benutzt wird (anders das frühere US-Recht, das nur die Vorbenutzung im Inland oder schriftliche Beschreibungen im In- und Ausland als neuheitsschädlich ansah).
Maßgeblicher Zeitpunkt
Maßgeblich ist für den Stand der Technik ist grundsätzlich der Anmeldetag (§§ 40, 41 PatG). Der Anmeldetag ist der Tag, an dem die Anmeldung beim EPA oder DPMA eingeht.
Bei zwei Anmeldungen derselben Erfindung am selben Tag entstehen gleichrangige Rechte.
Auch seit Jahren vergessene Beschreibungen oder Benutzungen können neuheitsschädlich sein.
Als neuheitsschädlich gelten auch bereits eingelegte Patentanmeldungen, die noch nicht veröffentlicht wurden. Sie sind schon als Stand der Technik dokumentiert, auch wenn sie noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind. Dies dient der Verhinderung von Doppelpatentierungen. Dabei ist es unerheblich, ob auf die frühere Anmeldung hin ein Patent erteilt wurde.
Insoweit sind zwei Sonderfälle zu beachten, in denen der Anmelder eines Patents den Patentschutz auf andere Staaten erweitern oder sein ursprüngliches Patent verbessern will:
- Sonderfall 1: Unionspriorität (= äußere Priorität): Innerhalb von 12 Monaten kann die Priorität einer ausländischen Anmeldung aus einem anderen PVÜ-Staat in Anspruch genommen werden (Art. 4 PVÜ, § 41 PatG, Art. 87 EPÜ). Es muss sich um dieselbe Erfindung und denselben Anmelder handeln.
- Sonderfall 2: Innere Priorität: Innerhalb von 12 Monaten kann dieselbe Erfindung in weiterentwickelter Form unter Inanspruchnahme der ursprünglichen Priorität angemeldet werden (§ 40 PatG). Die frühere Anmeldung gilt dann als zurückgenommen (§ 40 V PatG).
Inhalt
Maßgeblich ist das Wissen eines Fachmanns. Aus Sicht des Fachmanns muss die Erfindung unmittelbar und eindeutig offenbart werden. Er muss aufgrund des Dokuments (oder der sonstigen Veröffentlichung) in der Lage sein, die Erfindung mit Hilfe seines allgemeinen Fachwissens nachzuarbeiten (im englischen Recht ist von einer „enabling disclosure“ die Rede).
Die neuheitsschädliche Information muss sich aus einer einzigen Entgegenhaltung ergeben (Einzelvergleich, keine Mosaikbetrachtung). Es gilt die sog. “Daumenregel” („reverse infringement test“ des englischen Rechts):
Würde die Ausführung der Information das Patent verletzen, wenn die Erfindung patentiert wäre?
Bei sog. “Auswahlerfindungen” (Auswahl einer Teilmenge aus einer größeren Gruppe bekannter Gegenstände) kann die zum Patent angemeldete Auswahl also neu und daher schutzfähig sein
Bei abstrakten Angaben, unter die – wie der Fachmann erkennt – auch die angemeldete Erfindung fällt, besteht keine Neuheitsschädlichkeit, wenn der Fachmann die Detailinformation nicht selbstverständlich mitliest.
Beispiel
Die Beschreibung einer bestimmten Antigen-Antikörper-Reaktion ist nicht neuheitsschädlich, wenn weder Antigen noch Antikörper näher beschrieben werden.
Neuheitsschonfrist
Eine Offenbarung der Erfindung bleibt gemäß § 3 Abs. 5 PatG) außer Betracht, wenn sie nicht früher als sechs Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und unmittelbar oder mittelbar zurückgeht
- auf einen offensichtlichen Missbrauch zum Nachteil des Anmelders oder
- auf die Tatsache, dass der Anmelder die Erfindung auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen zur Schau gestellt hat.
Für die Berechnung der Frist von sechs Monaten ist der Tag der tatsächlichen Einreichung der Patentanmeldung maßgebend, nicht der Prioritätstag.
Ein offensichtlicher Missbrauch liegt vor, wenn klar und unzweifelhaft feststeht, dass der Dritte
- die erhaltene Information ohne Genehmigung in Schädigungsabsicht oder
- in Kenntnis seiner Nichtberechtigung unter Inkaufnahme eines Nachteils für den Erfinder oder
- unter Verletzung eines Vertrauensverhältnisses anderen Personen mitgeteilt hat
Beispiel
Industriespionage
Voraussetzung für die Erhaltung der Neuheitsschonfrist bei einer amtlich anerkannten Ausstellungen ist, dass
- der Anmelder bei Einreichung der Anmeldung angibt, dass die Erfindung tatsächlich zur Schau gestellt worden ist und
- er innerhalb von vier Monaten nach der Einreichung hierüber eine Bescheinigung einreicht
Wichtig
Die in § 3 Abs. 5 PatG bezeichneten Ausstellungen werden vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger bekanntgemacht.
Hausmessen genügen dieser Anforderung nicht!
Eine Erfindung zählt zum Stand der Technik und ist damit nicht neu, wenn sie zum Beispiel
- in einem Vortrag vorgestellt wurde,
- auf einer Messe gezeigt wurde,
- im Rahmen einer Diplomarbeit oder Fachzeitschrift veröffentlicht wurde.
Erfinderische Tätigkeit
Eine Erfindung muss eine auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhende Leistung sein (§ 4 PatG). Das ist der Fall, wenn sich die Erfindung für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt.
Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass nicht jede neue Erfindung patentiert werden soll, sondern nur solche, die über das hinausgehen, was im Rahmen einer normalen Entwicklung liegt (Fortschritt). Bloße Weiterentwicklungen, die zum Beispiel lediglich handwerkliches Können erfordern, sind daher nicht patentierbar. Die Erfindung muss also eine gewisse „Erfindungshöhe“ besitzen.
Beachte
Neuheit und erfinderische Tätigkeit sind unterschiedliche Kriterien. Die Frage, ob eine erfinderische Tätigkeit gegeben ist, stellt sich nur, wenn die Erfindung neu ist.
Fachmann
Es ist zu unterstellen, dass es sich bei dem “Fachmann” um
- einen erfahrenen Mann der Praxis auf dem jeweiligen Gebiet der Technik handelt, der
- über durchschnittliche Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt und
- darüber unterrichtet ist, was zu einem bestimmten Zeitpunkt zum allgemein üblichen Wissensstand auf dem betreffenden Gebiet gehört.
Es ist auch zu unterstellen, dass er
- zu allem, was zum “Stand der Technik” gehört, Zugang hatte und
- über die auf dem betreffenden Gebiet der Technik üblichen Mittel und Fähigkeiten für routinemäßige Arbeiten und Versuche verfügte.
Beachte
Auf die Kenntnisse eines konkreten Fachmanns kommt es nicht an.
Allgemeines Fachwissen
Das allgemeine Fachwissen kann aus verschiedenen Quellen entstehen. Insbesondere können grundlegende Handbücher und Monografien als Ausdruck des allgemeinen Fachwissens betrachtet werden.
Dagegen kann eine einzelne Veröffentlichung (z. B. eine Patentschrift oder der Inhalt einer Fachzeitschrift) grundsätzlich nicht als allgemeines Fachwissen betrachtet werden. Nur in Ausnahmefällen können Artikel in Fachzeitschriften oder Patentschriften für das allgemeine Fachwissen repräsentativ sein:
- Für den Fachmann, der an der Zusammenführung von Ausgangsmaterialien arbeitet, gehören Untersuchungen über diese Materialien, die von ganz wenigen Herstellern ausgeführt wurden, zum allgemeinen Fachwissen, auch wenn sie in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden.
- Wenn die Erfindung auf einem Forschungsgebiet liegt, das so neu ist, dass das einschlägige technische Wissen Lehrbüchern noch nicht entnommen werden kann.
Beurteilungsgrundlage ist der öffentlich zugängliche Stand der Technik, nicht hingegen unveröffentlichte Anmeldungen i.S.d. § 3 Abs. 2 PatG (§ 4 PatG). Eine rückschauende Betrachtung ist also zu vermeiden.
Naheliegende Weise
Der Ausdruck “in naheliegender Weise” bezeichnet etwas, das nicht über die normale technologische Weiterentwicklung hinausgeht, sondern sich lediglich ohne Weiteres oder folgerichtig aus dem bisherigen Stand der Technik ergibt.
Erforderlich ist also etwas, das nicht die Ausübung einer Geschicklichkeit oder einer Fähigkeit abverlangt, die über das bei einem Fachmann voraussetzbare Maß hinausgeht.
Im Interesse einer objektiven und nachvollziehbaren Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit wird der sog. “Aufgabe-Lösungs- Ansatz” angewendet. Der “Aufgabe-Lösungs-Ansatz” gliedert sich in drei Phasen:
- Ermittlung des “nächstliegenden Stands der Technik”
- Bestimmung der zu lösenden “objektiven technischen Aufgabe”
- Prüfung der Frage, ob die beanspruchte Erfindung angesichts des nächstliegenden Stands der Technik und der objektiven technischen Aufgabe für den Fachmann naheliegend gewesen wäre.
Unter dem nächstliegenden Stand der Technik ist die
- in einer einzigen Quelle offenbarte Kombination von Merkmalen zu verstehen, die
- den erfolgversprechendsten Ausgangspunkt für eine Entwicklung darstellt, die zur beanspruchten Erfindung führt.
In der Praxis ist der nächstliegende Stand der Technik in der Regel der, der
- einem ähnlichen Verwendungszweck entspricht und
- die wenigsten strukturellen und funktionellen Änderungen erfordert, um zu der beanspruchten Erfindung zu gelangen.
Die technische Aufgabe besteht darin, über die Änderung oder Anpassung des nächstliegenden Stands der Technik die technischen Wirkungen zu erzielen, die die Erfindung über den nächstliegenden Stand der Technik mit sich bringt.
Die so definierte technische Aufgabe wird oft als die “objektive technische Aufgabe” bezeichnet. Die auf diese Weise abgeleitete objektive technische Aufgabe entspricht möglicherweise nicht dem, was der Anmelder in seiner Anmeldung als “die Aufgabe” dargestellt hat. Letztere muss daher unter Umständen neu formuliert werden
Schließlich gilt es zu klären, ob sich im Stand der Technik insgesamt eine Lehre findet, die den mit der objektiven technischen Aufgabe befassten Fachmann veranlassen würde, den nächstliegenden Stand der Technik so zu ändern oder anzupassen und somit zu etwas zu gelangen, was unter den Patentanspruch fällt (sog. “Could/would approach”).Ø
Es geht also nicht darum, ob der Fachmann durch eine Änderung oder Anpassung des nächstliegenden Stands der Technik zu der Erfindung hätte gelangen können, sondern darum, ob er tatsächlich dahin gelangt wäre, weil der Stand der Technik ihn dazu veranlasste.
Beispiele für naheliegende Maßnahmen
- Die Lehre eines früheren Dokuments ist unvollständig und wenigstens eine der Möglichkeiten zum “Ausfüllen dieser Lücke”, auf die der Fachmann zwangsläufig oder ohne Weiteres kommen würde, führt zu der Erfindung.
- Beispiel: Die Erfindung bezieht sich auf eine Baustruktur aus Aluminium. In einem früheren Dokument wurde die gleiche Struktur offenbart und angegeben, dass es sich um ein Leichtbaumaterial handelt, die Verwendung von Aluminium jedoch nicht erwähnt.
- Die Erfindung unterscheidet sich vom bisherigen Stand der Technik lediglich durch die Verwendung bekannter Äquivalente (mechanischer, elektrischer oder chemischer Art).
- Beispiel: Die Erfindung bezieht sich auf eine Pumpe, die sich von einer Pumpe bekannter Art lediglich dadurch unterscheidet, dass ihr Antrieb nicht durch einen Elektromotor, sondern einen hydraulischen Motor bewirkt wird.
- Die Erfindung besteht lediglich in einer neuartigen Verwendung eines bekannten Stoffs unter Ausnutzung der bekannten Eigenschaften dieses Stoffs.
- Beispiel: Waschmittel, das als Reinigungsmittel ein bekanntes Gemisch mit der bekannten Eigenschaft, die Oberflächenspannung von Wasser herabzusetzen, enthält, wobei diese Eigenschaft bereits als eine der wesentlichen Eigenschaften von Reinigungsmitteln bekannt ist.
- Die Erfindung besteht darin, dass bei einer bekannten Vorrichtung ein Material durch ein neu entwickeltes Material ersetzt wird, dessen Eigenschaften es für die betreffende Verwendung eindeutig prädestinieren (analoger Austausch).
- Beispiel: Ein Elektrokabel hat eine Polyethylenhülle, die durch einen Klebstoff mit einem Metallschutz verbunden ist. Die Erfindung besteht in der Verwendung eines bestimmten neu entwickelten Klebstoffs, von dem bekannt ist, dass er sich für die Verbindung von Polymeren mit Metall eignet.
- Die Erfindung besteht lediglich darin, dass ein bekanntes technisches Verfahren in einer analogen Situation angewendet wird (analoge Verwendung).
- Beispiel: Die Erfindung besteht darin, dass eine Impulssteuerung bei einem Elektromotor angewendet wird, der die Hilfseinrichtungen für Förderwagen (wie Gabelstapler) antreibt, wobei die Anwendung dieser Steuerung bei elektrischen Antriebsmotoren von Förderwagen bereits bekannt ist.
- Bekannte Arbeitsverfahren oder Mittel werden für einen anderen Zweck mit neuer, überraschender Wirkung verwendet.
- Beispiel: Es ist bekannt, dass man beim induktiven Stumpfnahtschweißen mit Hochfrequenzenergie arbeiten kann. Es sollte daher naheliegend sein, dass Hochfrequenzenergie mit ähnlicher Wirkung auch beim konduktiven Stumpfnahtschweißen eingesetzt werden kann. Würde man aber Hochfrequenzenergie zum kontinuierlichen konduktiven Stumpfnahtschweißen von nicht entzunderten Blechen verwenden (das Entfernen der Zunderschicht ist beim konduktiven Schweißen normalerweise notwendig, um eine Lichtbogenbildung zwischen Schleifkontakt und Blech zu vermeiden), so würde man die unerwartete zusätzliche Wirkung erzielen, dass sich die Entzunderung als unnötig erweist, da bei Hochfrequenz der Strom über die ein Dielektrikum bildende Zunderschicht vorwiegend kapazitiv zugeführt wird.
- Durch die neuartige Verwendung einer bekannten Vorrichtung oder eines bekannten Mittels lassen sich technische Schwierigkeiten überwinden, die im Wege normaler technischer Verfahren nicht behebbar waren.
- Beispiel: Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung, die als Träger für Gasbehälter und zur Steuerung des Hebens und Senkens von Gasbehältern dient, wodurch das bisherige äußere Führungsgerüst hinfällig wird. Eine gleichartige Vorrichtung war bereits als Träger für Trockendocks und Pontons bekannt; bei der Anwendung einer solchen Vorrichtung bei Gasbehältern waren jedoch praktische Schwierigkeiten zu überwinden, die bei den bekannten Anwendungen nicht auftraten.
Gewerbliche Anwendbarkeit
Eine Erfindung gilt gemäß § 5 PatG als gewerblich anwendbar, wenn sie auf irgendeinem gewerblichen Gebiet, auch in der Landwirtschaft, hergestellt oder benutzt werden kann.
“Gewerbliches Gebiet” ist im weitesten Sinne zu verstehen. Es schließt jede Ausübung einer Tätigkeit “technischen Charakters” ein, also eine Tätigkeit, die zu den nützlichen und praktischen Techniken im Unterschied zu den ästhetischen Techniken gehört.
Dies gilt unabhängig davon, ob sich mit der Erfindung ein Gewinn erzielen lässt.
Ausgenommen sind Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Anwendung (Heilverfahren), sie sind nicht patentierbar. Damit soll verhindert werden, dass die Ausübung des Arztberufs durch Patente eingeschränkt wird.
Die Voraussetzung der gewerblichen Anwendbarleit hat in der Praxis nur eine geringe Bedeutung, da ein Fehlen jeglicher gewerblicher Anwendbarkeit kaum denkbar ist. Möglich sind nue folgenmde Konstellationen
- Der Erfindung fehlt jegliche Nützlichkeit.
- Es handelt sich um eine Gensequenz ohne Funktionsangabe (§ 1a Abs. 3 PatG).
Anmeldung und Patenterteilung
Das Patentrecht ist ein Formalrecht. Anders als das Urheberrecht oder das Recht an der nicht-eingetragenen Marke (und anders als das Erfinderrecht!) setzt es eine Anmeldung und eine Erteilung durch das DPMA bzw. das EPA voraus
Die Anmeldung hat verfahrensrechtliche und materiellrechtliche Folgen:
- verfahrensrechtliche Bedeutung: die Anmeldung setzt das Erteilungsverfahren in Gang.
- materiellrechtliche Bedeutung: die Anmeldung begründet Anspruch auf Erteilung bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen (§ 7 Abs. 1 PatG) und die Priorität (§ 6 PatG).
Einen Überblick über das gesamte Verfahren gibt das folgende Diagramm:
Anmeldung
Notwendige Bestandteile sind
- Antrag auf Erteilung des Patents (Formular!) (§ 34 Abs. 3 Nrn. 1, 2 PatG),
- Benennung der Patentansprüche (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG),
- Beschreibung der Erfindung (§ 34 Abs. 3 Nr. 4 PatG), und zwar so ausführlich und deutlich, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen kann,
- Darstellung der Aufgabe, des Stands der Technik und der Lösung (ggf. durch Zeichnungen) (§ 34 Abs. 3 Nr. 5 PatG),
- ggf. Übersetzung (§ 35 PatG),
- ggf. Zusammenfassung (§ 36 PatG),
- Benennung des Erfinders (§ 37 PatG),
- Bei Anmeldung beim EPO: Benennung der Vertragsstaaten, für die das Patent Wirkung haben soll (sonst gelten alle Vertragsstaaten als benannt).
Kosten
Mit Einreichung der Anmeldung wird die Anmeldegebühr fällig. Die Zahlungsfrist beträgt 3 Monate.
Wichtig
Wird die Anmeldegebühr nicht fristgerecht gezahlt, gilt die Anmeldung als zurückgenommen (§ 6 PatKostG)!
Die Anmeldegebühren von bis zu 10 Ansprüchen betragen derzeit
- 60 € bei elektronischer Anmeldung (30 € für jeden weiteren Anspruch),
- 40 € bei Anmeldungen in Papierform (20 € für jeden weiteren Anspruch).
Eigentliche Kostenfaktoren für den Anmelder bzw. Inhaber sind jedoch
- die Patentanwaltskosten; grob geschätzter Kostenrahmen:
- einfach: ca. 2.000 – 2.500 €
- mittel: ca. 2.500 – 3.500 €
- komplex: ca. 3.500 – 4.500 €
- die Jahresgebühren für die Aufrechterhaltung des Patents,
- die Kosten für Anmeldungen im Ausland und
- die Kosten bei etwaigen Verletzungsverfahren.
Die Aufrechterhaltungsgebühren betragen derzeit:
Benennung der Patentansprüche
Die Patentansprüche bestimmen den Schutzbereich des Patents (§ 14 PatG).
Ihre Formulierung ist die Kunst des Patentanwalts. Sie müssen weit genug sein, um dem Erfinder einen angemessenen Schutz zu bieten. Andererseits müssen sie von dem gedeckt sein, was in der Beschreibung offenbart wird.
Wichtig
Ihre Auslegung ist oft die entscheidende Frage im Verletzungsstreit!
Patentansprüche lassen sich wie folgt unterscheiden:
- 1. Differenzierung: Unterscheidung zwischen Haupt-, Unter- und Nebenanspruch
- Hauptanspruch: er enthält sämtliche wesentlichen Merkmale der Erfindung ohne Bezug auf andere Ansprüche. Möglichkeit der zweiteiligen Fassung (Oberbegriff und kennzeichnender Teil) oder der einteiligen Fassung.
- Unteranspruch: er ist von einem Hauptanspruch abhängig und erfasst eine besondere Ausführungsart der übergeordneten Erfindung.
- Nebenanspruch: selbständiger Hauptanspruch, der allerdings nur dann in derselben Anmeldung enthalten sein darf, wenn dem Gebot der Einheitlichkeit der Anmeldung (§ 34 V PatG) genügt ist.
- 2. Differenzierung: Unterscheidung nach Patentkategorie
- Erzeugnisanspruch: er betrifft eine Sache, eine Vorrichtung, eine Anordnung, ein Stoff oder ein Mittel.
- Besonderheit: product-by-process-claim – der Stoff wird beansprucht, aber durch das Herstellungsverfahren definiert.
- Verfahrensanspruch: er betrifft eine Abfolge von Verfahrensschritten, insbesondere ein Herstellungsverfahren, ein Arbeitsverfahren oder die Verwendung eines Stoffs zu einem bestimmten Zweck.
Patentverfahren
Das deutsche und das europäische Patentrecht folgen dem Prüfungssystem. Ein Patent wird also nur nach Prüfung der Patentierungsvoraussetzungen erteilt (anders als beim Gebrauchsmuster).
Es gilt das System der aufgeschobenen Prüfung:
- Eine Recherche zum Stand der Technik und eine Prüfung erfolgt nur nach gesondertem Antrag. Dieser kann gleichzeitig mit der Anmeldung, aber auch nachträglich (innerhalb von 7 Jahren) gestellt werden.
- Ohne Prüfungsantrag unternimmt das DPMA zunächst nur eine Prüfung auf offensichtliche Mängel (§ 42 PatG).
18 Monate nach dem Anmeldetag (bzw. einem früheren Prioritätszeitpunkt) wird die Erfindung offengelegt. Dadurch erhält jedermann Akteneinsicht (§ 31 Abs. 2 PatG) und es wird eine Offenlegungsschrift veröffentlicht (§ 32 Abs. 2 PatG).
Der Anmelder hat damit gegen Dritte, die bösgläubig die Erfindung benutzen, einen Entschädigungsanspruch (§ 33 PatG). Grobe Fahrlässigkeit liegt dabei i.d.R. schon vor, wenn die Hinweise im Patentblatt bzw. die Herausgabe von Offenlegungsschriften nicht überwacht werden. Wird die Anmeldung später zurückgenommen oder zurückgewiesen, so entfällt der Anspruch rückwirkend.
Rechercheantrag
Der Rechercheantrag kann vom Anmelder oder einem Dritten gestellt werden. Er führt zur Ermittlung des relevanten Stand der Technik.
Die Kosten betragen derzeit:
- DPMA: 300 €
- EPA: 1.300 €
Prüfungsantrag
Der Prüfungsantrag kann ebenfalls vom Anmelder oder einem Dritten innerhalb von 7 Jahren ab der Anmeldung gestellt werden (§ 44 PatG).
Erst der Prüfungsantrag führt zur vollständigen Prüfung der formellen und materiellen Patentierungsvoraussetzungen.
Nach Ablauf von 7 Jahren gilt die Anmeldung als zurückgenommen (§ 58 Abs. 3PatG).
Die Kosten betragen derzeit (abhängig von Rechercheantrag):
- DPMA: 150 € bzw. 350 €
- EPA: 1635 € bzw. 1825 €
Patenterteilung
Das DPMA weist den Anmelder ggf. auf Mängel der Anmeldung hin. Sofern er sie nicht behebt, wird der Antrag zurückgewiesen (§ 45 PatG).
Ansonsten wird das Patent erteilt (§ 49 PatG) und in die Patentrolle eingetragen.
Die Erteilung wird im Patentblatt veröffentlicht. Die Erteilung hat konstitutive Wirkung, d.h. sie löst die Wirkungen des Patents aus. Ihrer Rechtsnatur nach ist die Erteilung ein Verwaltungsakt.
Schutzdauer
Gemäß § 16 PatG besteht ein Patent maximal 20 Jahre, gerechnet ab dem Tag der Anmeldung. Für Erfindungen, die erst nach aufwendigen Zulassungsverfahren wirtschaftlich verwertet werden können – das gilt vor allem für Arzneimittel –, kann gemäß § 16a PatG ein sogenanntes ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden. Hierdurch wird die Patentlaufzeit um maximal fünf Jahre verlängert.
Achtung
Für jede Anmeldung und jedes Patent ist für das dritte und jedes folgende Jahr, gerechnet vom Anmeldetag an, eine Jahresgebühr zu entrichten (§ 17 PatG). Wird die Jahresgebühr nicht bezahlt, endet die Schutzdauer vorzeitig!
Recht auf das Patent
Das deutsche Patentrecht beruht auf dem Erfinderprinzip. Demnach hat nicht der Anmelder das Recht auf das Patent, sondern der Erfinder (§ 6 S. 1 PatG).
Andererseits gilt das Erstanmelderprinzip („first to file“-System). Danach gilt:
- Haben mehrere die Erfindung unabhängig voneinander gemacht (sog. Paralellerfindungen”), so steht das Recht dem zu, der die Erfindung zuerst beim Patentamt angemeldet hat (§ 6 S. 3 PatG).
- Haben mehrere gemeinsam eine Erfindung gemacht (sog. “Miterfinderschaft”), so steht ihnen das Recht auf das Patent gemeinschaftlich zu (§ 6 S. 2 PatG).
Wichtig
Miterfinderschaft setzt Zusammenarbeit voraus. Sie ist nur bei wesentlichen Beiträgen zur Erfindung gegeben (nicht gegeben bei bloßer Anregung und Gehilfenschaft).
Im Folgenden werden die einzelnen Rechte des Erfinders, die sich aus seinem Recht auf das Patent ergeben, dargestellt:
Recht auf Patenterteilung
Der Erfinder hat das Recht, dass ihm bei Anmeldung und Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen das Patent erteilt wird.
Das Recht auf das Patent ersteht mit Beendigung des Schöpfungsvorgangs durch den Erfinder. Der Schöpfungsvorgang ist ein Realakt, so dass nur natürliche Personen Inhaber des Rechtes sein können (Betriebserfindungen oder Computererfindungen gibt es nach deutschem Recht nicht).
Das Recht auf das Patent endet
- mit der Veröffentlichung, wenn kein Patent angemeldet wurde,
- spätestens jedoch mit der Patenterteilung.
Das Recht auf das Patent ist ein unvollkommen absolutes Recht. Es richtet sich gegen jeden Dritten mit Ausnahme von Parallelerfindern.
Es gewährt zwar noch kein ausschließliches Nutzungs- und Verbietungsrecht, wohl aber verschiedene Rechte, für den Fall dass ein Dritter unberechtigt das Patent angemeldet hat.
Recht auf Inanspruchnahme der Priorität
Nach § 7 Abs. 1 PatG gilt zwar grundsätzlich der Anmelder als Berechtigter, damit die sachliche Prüfung der Patentanmeldung durch die Feststellung des Erfinders nicht verzögert wird. Allerdings hat der Erfinder bei widerrechtlicher Entnahme das Recht, die Erfindung selbst anzumelden und die Priorität des früheren Patents in Anspruch zunehmen (§ 7 Abs. 2 PatG).
Recht auf Abtretung
Der Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, oder der durch widerrechtliche Entnahme Verletzte kann vom Patentsucher verlangen, dass ihm der Anspruch auf Erteilung des Patents abgetreten wird.
Hat die Anmeldung bereits zum Patent geführt, so kann er vom Patentinhaber die Übertragung des Patents verlangen.
Der Anspruch kann grundsätzlich nur innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der Veröffentlichung der Erteilung des Patents (§ 58 Abs. 1 PatG) durch Klage geltend gemacht werden.
Anspruch auf Schadensersatz
Der § 823 Abs. 1 BGB gewährt dem Erfinder einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn
- ihm aufgrund der widerrechtlichen Patenterteilung eigene Nutzungsmöglichkeiten entgangen sind oder
- das Recht auf das Patent erloschen ist (z.B. wegen Veröffentlichung durch den Nichtberechtigten).
Anspruch auf Unterlassung
Der Erfinder hat einen Anspruch auf Unterlassung der Patentanmeldung bzw. der weiteren Nutzung (1004 Abs. 1 BGB analog).
Sonderfall: Arbeitnehmererfindungen
Für Erfindungen, die im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses gemacht werden, bestehen besondere gesetzliche Regelungen nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG). Danach ist zu unterscheiden, ob es sich bei der Erfindung des Arbeitnehmers um eine freie oder eine gebundene Erfindung (Diensterfindung) handelt. Gemäß § 4 Abs. 2 ArbEG zählen zu den Diensterfindungen nur solche Erfindungen,
- die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht wurden und
- entweder aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb oder in der öffentlichen Verwaltung obliegenden Tätigkeit entstanden sind oder
- maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebs oder der öffentlichen Verwaltung beruhen.
Alle sonstigen Erfindungen von Arbeitnehmern gelten als freie Erfindungen (§ 4 Abs. 3 ArbEG).
Diensterfindungen
Handelt es sich um eine Diensterfindung, muss der Erfinder dies dem Arbeitgeber unverzüglich schriftlich melden (§ 5 ArbEG). Der Arbeitgeber kann dann mit einer Frist von vier Monaten die Erfindung in Anspruch nehmen (§ 6 ArbEG). Die Inanspruchnahme gilt als erklärt, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Meldung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 und 3 ArbEG) gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erklärung in Textform freigibt.
Im Fall der Inanspruchnahme gehen alle vermögenswerte Rechte an der Erfindung auf den Arbeitgeber über (§ 7 ArbEG). Der Arbeitgeber ist zudem grundsätzlich verpflichtet, die Erfindung unverzüglich im Inland zum Patent anzumelden (§ 13 ArbEG), es sei denn, berechtigte Belange des Betriebs erfordern es, dass eine gemeldete Diensterfindung nicht bekannt wird, oder der Arbeitnehmer ist mit der Nichtanmeldung einverstanden.
Wichtig
Nimmt der Arbeitsgeber die Diensterfindung nicht in Anspruch, wird diese frei und der Arbeitnehmer kann hierüber ohne weitere Beschränkungen verfügen (§ 8 ArbEG).
Freie Erfindung
Über eine freie Erfindung muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber unverzüglich durch Erklärung in Textform informieren. Dabei muss er über die Erfindung und eventuell auch über ihre Entstehung so viel mitteilen, dass der Arbeitgeber beurteilen kann, ob die Erfindung frei ist. Bestreitet der Arbeitgeber nicht innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung durch Erklärung in Textform an den Arbeitnehmer, dass die ihm mitgeteilte Erfindung frei sei, kann die Erfindung nicht mehr als Diensterfindung in Anspruch genommen werden (§ 18 ArbEG).
Hinweis
Eine Verpflichtung zur Mitteilung freier Erfindungen besteht nicht, wenn die Erfindung offensichtlich im Arbeitsbereich des Betriebs des Arbeitgebers nicht verwendbar ist.
Bevor der Arbeitnehmer eine freie Erfindung anderweitig verwertet, während das Arbeitsverhältnis besteht, muss er zunächst dem Arbeitgeber mindestens ein nicht ausschließliches Recht zur Benutzung der Erfindung zu angemessenen Bedingungen anbieten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt in den vorhandenen oder vorbereiteten Arbeitsbereich des Betriebs des Arbeitgebers fällt. Das Angebot kann gleichzeitig mit der Mitteilung über die freie Erfindung abgegeben werden. Nimmt der Arbeitgeber das Angebot innerhalb von drei Monaten nicht an, erlischt das Vorrecht(§ 19 ArbEG).
Angemessene Vergütung
Bei Inanspruchnahme einer Diensterfindung muss der Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung bekommen (§ 9 ArbEG). Für deren Bemessung sind folgende Punkte maßgebend:
- Wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung (Erfindungswert)
- Aufgaben und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb
- Anteil des Betriebs am Zustandekommen der Diensterfindung
Das Bundesministerium für Arbeit hat Vergütungsrichtlinien für Arbeitnehmererfindungen erlassen, wonach der Erfindungswert bei betrieblich genutzten Erfindungen in der Regel mit drei verschiedenen Methoden ermittelt werden kann.
- Lizenzanalogie: Bei dieser Methode wird der Lizenzsatz, der für vergleichbare Fälle bei freien Erfindungen in der Praxis üblich ist, zugrunde gelegt. Im Allgemeinen gelten folgende Prozentsätze vom Umsatz:
- Elektroindustrie: 0,5 % bis 5 %
- Maschinen- und Werkzeugindustrie: 0,3 % bis 10 %
- Chemische Industrie: 2 % bis 5 %
- Im pharmazeutischen Bereich: 2 % bis 10 %
Diese Lizenzsätze können sich ab einem Umsatz von 3 Millionen EUR verringern.
- Ermittlung des Erfindungswerts: Unter Erfindungswert ist die durch den Einsatz der Erfindung entstehende Differenz zwischen Kosten und Erträgen zu verstehen. Dieser Betrag wird durch einen Kosten- und Ertragsvergleich nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelt.
- Schätzung des Erfindungswerts: Lässt sich kein konkreter Wert ermitteln, kann dieser geschätzt werden.
Erfindungen an Hochschulen
Für Erfindungen von an einer Hochschule Beschäftigten gelten folgende besonderen Bestimmungen (§ 42 ArbEG):
- Der Erfinder ist berechtigt, die Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit zu offenbaren, wenn er dies dem Dienstherrn rechtzeitig, in der Regel zwei Monate zuvor, angezeigt hat.
- Lehnt ein Erfinder aufgrund seiner Lehr- und Forschungsfreiheit die Offenbarung seiner Diensterfindung ab, so ist er nicht verpflichtet, diese dem Dienstherrn zu melden. Will der Erfinder seine Erfindung zu einem späteren Zeitpunkt offenbaren, muss er dem Dienstherrn die Erfindung unverzüglich melden.
- Dem Erfinder steht im Fall der Inanspruchnahme der Diensterfindung ein nicht ausschließliches Recht zur Benutzung der Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit zu.
- Verwertet der Dienstherr die Erfindung, beträgt die Höhe der Vergütung 30 % der durch die Verwertung erzielten Einnahmen.
Recht aus dem Patent
Das Recht aus dem Patent entsteht mit der Veröffentlichung der Patenterteilung im Patentblatt (§ 58 PatG).
Wirkung des Patents
Gemäß § 9 PatG bewirkt das Patent, dass
- nur der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung zu benutzen
- es Jedem Dritten ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten ist,
- ein Erzeugnis, das Gegenstand des Patentes ist, herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen,
- ein Verfahren, was Gegenstand des Patentes ist, anzuwenden,
- durch ein patentgegenständliches Verfahren hergestellte Erzeugnisse anzubieten oder in Verkehr zu bringen.
Ansprüche bei Patentverletzungen
Im Fall einer Verletzung des Patents stehen dem Inhaber verschiedene Ansprüche zu:
Auskunftsanspruch
So hat der Inhaber Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg des benutzten Erzeugnisses. Dabei sind Angaben zu machen über
- Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten, des gewerblichen Abnehmers oder Auftraggebers sowie
- die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.
Außerdem hat er einen Anspruch auf Auskunft über die zur Berechnung des Schadenersatzanspruchs erforderlichen Tatsachen.
Vernichtungsanspruch
Darüber hinaus kann der verletzte Patentinhaber verlangen, dass das im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindliche Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, vernichtet wird, es sei denn, dass die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist (§ 140a Abs. 1 PatG).
Rückrufanspruch
Weiterhin kann der Patentinhaber verlangen, dass Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, zurückgerufen oder endgültig aus den Vertriebswegen entfernt werden, es sei denn, dass die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist (§ 140a Abs. 3 PatG ).
Unterlassungsanspruch
Bei einem Verstoß gegen das Ausschließlichkeitsrecht nach § 9 PatG steht dem Patentinhaber ein Anspruch auf Unterlassung zu.
Schadensersatz- und Bereicherungsanspruch
Zudem kann er bei schuldhafter Verletzung des Patents (also bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit) zwischen drei Methoden zur Schadensersatzberechnung wählen:
- Ersatz des entgangenen Gewinns,
- Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr (ggf. unter Berücksichtigung eines sog. „Verletzerzuschlags“),
- Herausgabe des Verletzergewinns.
Ansprüche vor der Patenterteilung
Im Zeitraum zwischen Patentanmeldung und Patenterteilung hat der Anmelder einer Erfindung lediglich einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung (§ 33 PatG). Diese besteht in der Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr.
Der Anspruch fällt jedoch nach § 58 Abs. 2 PatG rückwirkend weg, wenn die Anmeldung nicht zur erhofften Erteilung führt (z.B. weil sie zurückgewiesen wird).
Strafrechtliche Sanktionen
§ 142 PatG stellt die Vornahme bestimmter (nicht aller) Benutzungshandlungen unter Strafe.
Strafbar ist nur die vorsätzliche Begehung.
Der Strafrahmen liegt bei einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Eine Strafschärfung ist bei gewerbsmäßigem Handeln vorgesehen (§ 142 Abs. 2 PatG).
Regelmäßig wird die Tat nur auf Antrag verfolgt (§ 142 Abs. 4 PatG). Ausnahmen sind möglich bei gewerbsmäßiger Begehung oder bei einem besonderen öffentlichens Interesse
Hinweis
Die praktische Bedeutung der strafrechtlichen Sanktionen ist gering, da in der Praxis selten Strafantrag gestellt wird.
Übertragung der Patentrechte
Sachenrechtliche Übertragbarkeit
Das Erfinderrecht und das Recht aus dem (erteilten) Patent sind vererblich (§ 15 Abs. 1 S. 1 PatG). Das Erfinderpersönlichkeitsrecht geht insoweit auf die Erben über, als sie die Nennung des Erblassers als Erfinder verlangen können.
Zudem sind das Erfinderrecht und das Recht aus dem Patent unter Lebenden übertragbar (§ 15 Abs. 1 S. 2 PatG, anders das Urheberrecht, vgl. § 29 Abs. 1 UrhG).
Übertragbar ist das Recht an der Erfindung auf jeder Entwicklungsstufe. Auch Rechte an künftigen Erfindungen sind übertragbar, sofern sie ausreichend bestimmbar sind.
Patente können mit einem Nießbrauch belastet (§§ 1068 ff. BGB) oder verpfändet werden (§§ 1273 ff. BGB).
Patente unterliegen der Zwangsvollstreckung.
Lizensierung
Die Rechte auf das Patent (§ 6 PatG), auf Erteilung des Patentes (§ 6 PatG) und aus dem Patent (§ 9 PatG) können Gegenstand von ausschließlichen oder nicht ausschließlichen Lizenzen sein (§ 15 PatG).
Die Einräumung von Lizenzen hat eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Gründe für die Lizenzvergabe sind insbesonder:
- keine eigenen Produktionskapazitäten (Beispiele: Einzelerfinder),
- Nutzung brachliegender Technologien,
- Erreichung von Marktdominanz durch Standardisierung,
Nachteil ist jedoch der etwaige Verlust des Technologievorsprungs.
Es besteht eine Stufenleiter der Gestattungen:
- translative Übertragung: ehemaliger Rechtsinhaber verliert sämtliche Rechte,
- ausschließliche Lizenz: Lizenznehmer ist ausschließlich zur Nutzung berechtigt (auch unter Ausschluss des Rechtsinhabers).
- einfache Lizenz: ein oder mehrere Lizenznehmer sind neben Rechtsinhaber nutzungsbefugt, es besteht aber Sukzessionsschutz (dies bedeutet, dass der Lizenznehmer, Unterlizenzen an Dritte vergeben darf),
- Gestattungsvertrag: wie einfache Lizenz, aber es besteht kein Sukzessionsschutz,
- einseitige Einwilligung: die Nutzungsgestattung durch den Rechteinhaber ist jederzeit widerruflich.
Sämtliche Gestattungsformen bewirken, dass die Nutzungshandlung nicht als Patentverletzung angesehen werden kann.
Bei einer ausschließlichen Lizenz kann der Lizenznehmer kann sämtliche Rechte aus dem Patent im eigenen Namen geltend machen (daneben behält der Patentinhaber Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche).
Bei einer einfachen Lizenz erhält der Lizenznehmer erhält ein Nutzungsrecht, das aber Nutzung durch andere nicht ausschließt. Er hat daher keine Klagebefugnis gegen Dritte aus eigenem Recht.
Der Lizenzvertrag ist gesetzlich nicht geregelt und unterliegt der Vertragsfreiheit.
Typische Pflichten des Lizenzgebers sind:
- Gestattung der Nutzung,
- Informationspflichten,
- Aufrechterhaltung des Patents (insb. Zahlung der Jahresgebühr, kann auf Lizenznehmer abgewälzt werden),
- Haftung für Sachmängel (Brauchbarkeit der Erfindung) und Rechtsmängel (Bestand und Lastenfreiheit des Rechts, nicht aber zukünftiger Bestand) .
Typische Pflichten des Lizenznehmers sind:
- Zahlung der Lizenzgebühr,
- Ausübungspflicht (falls vertraglich vereinbart),
- Nichtangriffspflicht (kann kartellrechtlich problematisch sein).
Rechtsmittel
Gegen die Anmeldung und die Erteilung eines Patents sind verschiedene Rechtsmittel zulässig.
Gemäß § 21 Abs. 1 PatG wird ein erteiltes Patent wird widerrufen (§ 61 PatG), wenn sich ergibt, dass
- der Gegenstand des Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig ist,
- das Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann,
- der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen, Zeichnungen, Modellen, Gerätschaften oder
Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung
entnommen worden ist (widerrechtliche Entnahme), - der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei
der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist; das
gleiche gilt, wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach § 7 Abs. 2 PatG eingereichten neuen
Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der früheren Anmeldung in der
Fassung hinausgeht, in der sie bei der für die Einreichung der früheren Anmeldung zuständigen Behörde
ursprünglich eingereicht worden ist.
Gemäß § 21 Abs. 1 PatG wird das Patent auf Antrag (§ 81 PatG) für nichtig erklärt, wenn sich ergibt, dass
- einer der vorgenannten Gründe vorliegt oder
- der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist.
Einspruch
Gemäß § 59 Abs. 1 PatG kann innerhalb von neun Monaten nach der Veröffentlichung der Erteilung eines Patents jeder, im Falle der widerrechtlichen Entnahme nur der Verletzte, gegen das Patent Einspruch erheben. Der Einspruch ist schriftlich zu erklären und zu
begründen. Er kann nur auf die Behauptung gestützt werden, dass einer der in § 21 PatG genannten Widerrufsgründe
vorliege. Die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, sind im einzelnen anzugeben. Die Angaben müssen,
soweit sie nicht schon in der Einspruchsschrift enthalten sind, bis zum Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich
nachgereicht werden.
Der Einspruch ist ein verwaltungsrechtlicher Rechtsbehelf. Sein Vorteil besteht daher darin, dass er kostengünstiger und schneller als Nichtigkeitsklage ist , Der Einspruch bietet daher eine effektive Möglichkeit zur Vernichtung schlechter Patente. Der Nachteile bestehen jedoch darib, dass
- der Einspruch fristgebunden (neun Monaten nach der Veröffentlichung der Erteilung eines Patents) ist,
- das Einspruchsverfahren der Patenterteilung nachgeschaltet ist,
- das Patent bereits die volle Wirkung entfaltet (also keine aufschiebende Wirkung des Einspruchs).
Zuständig für den Einspruch ist das erteilende Amt, das von Amts wegen ermittelt.
Beschwerde
Mit der Beschwerde, kann jeder, der durch eine Entscheidung des DPMA (z.B. Ablehnung der Anmeldung, Widerruf oder Aufrechterhaltung im Einspruchsverfahren) beschwert ist, gegen diese Entscheidung vorgehen.
Zuständig für die Beschwerde ist gemäß § 65 PatG das Bundespatentgericht (BPatG).
Diese Beschwerde bedarf der Schriftform und muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des DPMA (§ 73 Abs. 2 PatG) erhoben werden.
Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung (§ 75 PatG).
Nichtigkeitsklage
Das Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird durch Klage eingeleitet (§ 81 Abs. 1 PatG). Die Klage ist gegen den im Register als Patentinhaber Eingetragenen zu richten.
Die Klage auf Erklärung der Nichtigkeit des Patents kann nicht erhoben werden, solange ein Einspruch noch
erhoben werden kann oder ein Einspruchsverfahren anhängig ist (§ 81 Abs. 2 PatG).
Zuständig ist das Bundespatentgericht (§ 81 Abs. 4 PatG).
Die Klage bedarf der Schriftform (§ 81Abs. 4 PatG). Eine Ausschlussfrist besteht jedoch nicht!
Wirkung des Widerrufs bzw. der Nichtigerklärung
Gemäß § 21 Abs. 2 und 3, § 22 Abs. 2 PatG wird das Patent rückwirkend für unwirksam erklärt (ex tunc-Wirkung). Es wird also so behandelt, als habe es nie bestanden.
Das Patent kann auch teilweise widerrufen bzw. für nichtig erklärt werden.
Anhängige Verletzungsprozesse verlieren die Anspruchsgrundlage, die Verletzungsklage ist also als unbegründet abzuweisen. Bereits geleistete Zahlungen können nach den Grundsätzen der ungerechfertigten Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden.
Außerdem können sich Schadensersatzansprüche gegen den Patentinhaber aus dem Gesichtspunkt der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung (§§ 3, 4 Nr. 4 UWG bzw. § 823 Abs. 1 BGB: Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) ergeben.
Auf Lizenzverträge wirkt sich der Widerruf bzw. Nichtigkeitserklärung eines Patents insofern aus, als dass kein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit (§ 311a BGB) vorliegt, sondern eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) mit der Möglichkeit der Vertragsanpassung oder Kündigung anzunehmen ist.