Werkvertrag

13.01.2021 | Recht + Steuern

Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 631 Abs. 1 BGB). Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 BGB), wie zum Beispiel:

  • Erstellung eines Gutachten,
  • Entwicklung eines individuellen Softwareprogramms.

Wichtig

Hat der Vertrag die Lieferung vom Besteller selbst herzustellender Sachen zum Gegenstand (sog. „Werklieferungsvertrag“), so findet gem. § 651 S. 1 BGB ausschließlich Kaufrecht Anwendung!

Beispiel

A bestellt beim Schneider S einen Maßanzug. Obwohl der Schneider (auch) eine Werkleistung erbringt, findet gem. § 651 S. 1 BGB ausschließlich Kaufrecht Anwendung.

Pflichten aus dem Werkvertrag

Abnahme

Der Besteller ist verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist (§ 640 Abs. 1 S. 1 BGB). Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden (§ 640 Abs. 1 S. 2 BGB).

Gemäß § 640 Abs. 2 S. 1 BGB gilt ein Werk als abgenommen auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat.

Wichtig

Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des § 640 Abs. 2 S. 1 BGB nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen!

Ist nach der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen, so tritt regelmäßig an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werkes (§ 646 BGB).

Nimmt der Besteller ein mangelhaftes Werk gemäß Absatz 1 Satz 1 ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in § 634 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Gewährleistungsrechte nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält (§ 640 Abs. 3 BGB).

Vergütung

Höhe der Vergütung

Grundsätzlich schuldet der Besteller die vertraglich vereinbarte Vergütung.

Wurde eine solche Vereinbarung nicht ausdrücklich getroffen, gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (§ 632 Abs. 1 BGB). Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen (§ 632 Abs. 2 BGB).

Ein Kostenanschlag ist jedoch im Zweifel nicht zu vergüten (§ 632 Abs. 3 BGB).

Abschlagszahlung

Gemäß § 632a Abs. 1 BGB kann der Unternehmer von dem Besteller eine Abschlagszahlung in Höhe des Wertes der von ihm erbrachten und nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen verlangen.

Sind die erbrachten Leistungen nicht vertragsgemäß, kann der Besteller die Zahlung eines angemessenen Teils des Abschlags verweigern. Die Beweislast für die vertragsgemäße Leistung verbleibt bis zur Abnahme beim Unternehmer. Die Leistungen sind durch eine Aufstellung nachzuweisen, die eine rasche und sichere Beurteilung der Leistungen ermöglichen muss. Dies gilt auch für erforderliche Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, wenn dem Besteller nach seiner Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird. Eine solche Sicherheit kann auch durch eine Garantie oder ein sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts oder Kreditversicherers geleistet werden (§ 632a Abs. 2 BGB).

Fälligkeit

Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten (§ 641 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten (§ 641 Abs. 1 S. 2 BGB).

Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird gemäß § 641 Abs. 2 BGB spätestens fällig,

  • soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
  • soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
  • wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die vorgenannte Umstände bestimmt hat.

Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten (§ 641 Abs. 3 BGB).

Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist (§ 641 Abs. 4 BGB).

Mitwirkung des Bestellers

Ist bei der Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen (§ 642 Abs. 1 BGB).

Die Höhe der Entschädigung bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer infolge des Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann (§ 642 Abs. 2 BGB).

Der Unternehmer ist berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der Handlung eine angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, dass er den Vertrag kündige, wenn die Handlung nicht bis zum Ablauf der Frist vorgenommen werde (§ 643 BGB). Der Vertrag gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablauf der Frist erfolgt.

Gefahrtragung

Der Unternehmer trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes (§ 644 Abs.1 S. 1 BGB).

Kommt der Besteller in Verzug der Annahme, so geht die Gefahr auf ihn über (§ 644 Abs.1 S. 2 BGB).

Für den zufälligen Untergang und eine zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffes ist der Unternehmer nicht verantwortlich (§ 644 Abs.1 S. 3 BGB).

Versendet der Unternehmer das Werk auf Verlangen des Bestellers nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort, so finden die für den Kauf geltenden Vorschriften des § 447 entsprechende Anwendung (§ 644 Abs. 2 BGB).

Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag gemäß § 643 BGB aufgehoben wird (§ 645 Abs. 1 BGB). Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt (§ 645 Abs. 2 BGB).

Unternehmerpfandrecht

Der Unternehmer hat für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind (§ 647 BGB).

Voraussetzungen für die Entstehung eines Unternehmerpfandrechts sind:

  • Zwischen den Parteien muss ein Werkvertrag geschlossen worden sein.
  • Die Sache muss im Besitz des Unternehmers sein.
  • Der Besteller muss selbst Eigentümer der Sache sein.

Gewährleistung

Nach § 633 Abs. 1 BGB ist der Unternehmer verpflichtet, das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

Mangelhaftigkeit

Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

  • wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
  • für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann (§ 633 Abs. 2 BGB).

Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk (sog. „Aliud“) oder das Werk in zu geringer Menge herstellt (§ 633 Abs. 2 S. 3 BGB).

Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können (§ 633 Abs. 3 BGB).

Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Bestellers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Unternehmer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit des Werkes übernommen hat (§ 639 BGB).

Gewährleistungsansprüche

Ist das Werk mangelhaft, so kann der Besteller die sich aus § 634 BGB ergebenden Rechte geltend machen:

  • Recht auf Nacherfüllung (§§ 634 Nr. 1, 635 BGB),
  • Selbstvornahme und Aufwendungsersatz (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB),
  • Rücktritt vom Vertrag (§§ 634 Nr. 3, 323, 326 Abs. 5 BGB),
  • Minderung der Vergütung (§§ 634 Nr. 3, 638 BGB),
  • Schadensersatz (bzw. Aufwendungsersatz; §§ 634 Nr. 4, 280, 281, 283, 311a, 284 BGB).

Dabei schließen sich diese Rechte nicht gegenseitig aus; insbesondere kann neben einem Rücktritt auch Schadensersatz verlangt werden (vgl. § 325 BGB). Lediglich Rücktritt und Minderung stehen in einem Alternativverhältnis.

Im Unterschied zum Kaufrecht (§ 439 BGB) kann beim Werkvertrag im Rahmen der Nacherfüllung nach § 635 BGB der Unternehmer frei wählen, ob er den Mangel beseitigen oder ein neues Werk errichten will. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Unternehmer i. d. R. dem Produktionsprozess näher steht und daher die Frage, welche der beiden Alternativen vernünftiger ist, besser beurteilen kann.

Das Gewährleistungsrecht des Werkvertrages stellt eine abschließende Spezialregelung dar, die die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts (insbesondere zur Anfechtung sowie zur Haftung nach §§ 280 Abs.  1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) verdrängen. Dies wird insofern relevant, als in beiden Fällen unterschiedliche Verjährungsfristen gelten. Die Mängelansprüche beim Werkvertrag verjähren nämlich gem. § 634a BGB regelmäßig in zwei Jahren (bei Bauwerken in fünf Jahren) ab Abnahme des Werkes. Dagegen kommt es bei Anfechtung und §§ 280 Abs. 1 BGB für die relevanten Fristen auf die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit des Werkes an (vgl. §§ 121, 124, 195, 199 BGB), die wesentlich später liegen kann.

Wichtig

Neben der Geltendmachung seiner Gewährleistungsrechte kann der Besteller auch einfach die Abnahme eines mängelbehafteten Werkes ablehnen. Dies hat nach § 641 Abs. 1 BGB zur Folge, dass der Vergütungsanspruch des Unternehmers nicht fällig wird. Hat der Besteller das Werk bereits abgenommen, so räumt ihm § 641 Abs. 3 BGB im Falle von Mängeln ein Recht zur (teilweisen) Zurückbehaltung des Werklohnes ein.

Nacherfüllung

Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen (§ 635 Abs. 1 BGB). Der Unternehmer kann die Nacherfüllung jedoch verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 635 Abs. 3 BGB).

Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen (§ 635 Abs. 2 BGB).

Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes verlangen (§ 635 Abs. 4 BGB).

Selbstvornahme

Der Besteller kann wegen eines Mangels des Werkes nach erfolglosem Ablauf einer von ihm zur Nacherfüllung bestimmten angemessenen Frist den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, wenn nicht der Unternehmer die Nacherfüllung zu Recht verweigert (§ 637 BGB).

Der Bestimmung einer Frist bedarf es dann nicht, wenn

  • der Unternehmer die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
  • der Unternehmer die Leistung bis zu einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die fristgerechte Leistung für den Besteller wesentlich ist,
  • die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder
  • dem Besteller unzumutbar ist.

Der Besteller kann von dem Unternehmer für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen Vorschuss verlangen.

Minderung

Statt zurückzutreten, kann der Besteller die Vergütung durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer mindern (§ 638 Abs. 1 BGB).

Bei der Minderung ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde (§ 638 Abs. 1 BGB). Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

Hat der Besteller mehr als die geminderte Vergütung gezahlt, so ist der Mehrbetrag vom Unternehmer zu erstatten (§ 638 Abs. 1 BGB).

Sind auf der Seite des Bestellers oder auf der Seite des Unternehmers mehrere beteiligt, so kann die Minderung nur von allen oder gegen alle erklärt werden (§ 638 Abs. 2 BGB).

Schadensersatz und Rücktritt

Bezüglich des Schadensersatzes und des Rücktritts gelten die allgemeinen Regelungen (insbesondere §§ 281 und 323 BGB). Allerdings bedarf es im Werkvertragsrecht keiner Fristsetzung immer dann nicht, wenn

  • der Unternehmer die Nacherfüllung verweigert,
  • die Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Besteller unzumutbar ist.

Liegt die Verantwortlichkeit für den Mangel beim Besteller, gilt Folgendes:

  • Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen (§ 645 Abs. 1 S. 1 BGB).
  • Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag wegen unterlassender Mitwirkung durch den Besteller  aufgehoben wird (§ 645 Abs. 1 S. 2 BGB).
  • Dessen ungeachtet bleibt eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens unberührt (§ 645 Abs. 2 BGB).

Kündigungsrecht des Bestellers

Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen (§ 649 BGB).

Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird insoweit vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.