Vorbemerkungen

TRIZ ist die international anerkannte russische Abbreviatur für die Theorie zur Lösung von Erfindungsaufgaben (rus.: Teorija Rešenija Isobretatelskih Zadač; wird wie das englische Wort „trees“ ausgesprochen), in den USA ist sie auch unter dem Kürzel TIPS (Theory of Inventive Problems Solving) bekannt.

Die TRIZ wurde in den 60…80-er Jahren vom russischen Wissenschaftler Genrich Altschuller (1926-1998) und seinen Mitarbeitern entwickelt (erste Publikation in 1956). Im Gegensatz zu den gebräuchlichen Varianten des „Versuch-und-Irrtum“-Lösungsverfahrens wie z.B. Brainstorming, Synektik, Morphologische Analyse etc. berücksichtigt TRIZ die objektiven Entwicklungsgesetze technischer Systeme und ermöglicht daher eine gezielte Suche nach den Problemlösungen. Die Entdeckung und Systematisierung dieser Gesetze sowie anderer TRIZ-Bestandteile erfolgten durch eine globale mehrjährige Analyse und Auswertung weltweit verfügbarer Patentinformationen.

Hauptmerkmal der Problemlösung mit TRIZ ist das Identifizieren, Verstärken und Eliminieren technischer und physikalischer Widersprüche in technischen Systemen statt der Suche nach Kompromissen, der scheinbar „Goldenen Mitte“. Der Begriff „Technischer Widerspruch“ (TW) – spielt eine der Schlüsselrollen in der TRIZ-Konzeption. Ein TW stellt zwei kontroverse Eigenschaften eines technischen Systems dar: bei der Verbesserung eines Teils bzw. Eigenschaft einer Maschine (z.B. Leistung des Motors) verschlechtert sich eine andere Eigenschaft (z.B. Gewicht oder Treibstoffverbrauch). Ein Problem ist nach TRIZ erst dann gelöst, wenn ein technischer Widerspruch erkannt und beseitigt ist. Betriebsblindheit, psychologische Trägheit und Unsicherheiten sollen so mit TRIZ konsequent überwunden werden.

Methode

Die Auswertung von ca. 40.000 Patenten ergab, dass die Erfindungsaufgaben bzw. technische Widersprüche aus verschiedenen Branchen sich durch eine begrenzte Anzahl von elementaren Prinzipien (Verfahren) lösen lassen. Die moderne TRIZ beinhaltet 40 grundlegende Innovationsprinzipien (mit Unterverfahren über 100), z.B.:

  • 3. Prinzip der örtlichen Qualität
  • 11. Prinzip des „vorher untergelegten Kissens“ (Vorbeugemaßnahme)
  • 18. Prinzip der Ausnutzung mechanischer Schwingungen
  • 22. Prinzip der Umwandlung vom Schädlichen in Nützliches
  • 27. Prinzip der billigen Kurzlebigkeit anstelle teurer Langlebigkeit
  • 28. Ersetzen des mechanischen Systems
  • 35. Veränderung physikalischer und chemischer Eigenschaften
  • 40. Prinzip der Anwendung von Verbundwerkstoffen

Die Anwendung der Prinzipien kann auch in Form einer Matrix, genannt Widerspruchstabelle, mit 39 Zeilen- und 39 Spalteneingängen erfolgen. Diese 39 Eingänge sind die wichtigsten Charakteristika technischer Systeme, wie z.B.:

  • Masse, Länge, Volumen,
  • Geschwindigkeit,
  • Temperatur,
  • Materialverluste,
  • Messgenauigkeit,
  • Fertigungsqualität,
  • Bedienungsfreundlichkeit.

Sie helfen ein technisches System in den standardisierten Begriffen zu beschreiben und treten in den Tabellenfeldern als kontroverse Eigenschaften eines technischen Widerspruchs auf, z.B.

  • Geschwindigkeit-Zuverlässigkeit,
  • Masse-Festigkeit oder
  • Temperatur-Meßgenauigkeit.

Die Tabelle zeigt anschließend, welche Prinzipien bei der Überwindung technischer Widersprüche besondere Aussicht auf Erfolg haben. Obwohl nicht alle Felder der Widerspruchstabelle ausgefüllt sind, bietet sie Lösungsprinzipien für mehr als 1200 Typen technischer Widersprüche.

Beispiel “Geschwindigkeit-Zuverlässigkeit”

Bei dem Anstieg der Fahrgeschwindigkeit von KFZ über 100 km/h erhöht sich stark das Risiko eines schweren Unfalls infolge eines geplatzten Reifens. Ein technischer Widerspruch ist hier bereits formuliert und die Widerspruchstabelle kann eingesetzt werden:

  • Die Geschwindigkeitserhöhung eines Fahrzeugs (Zeile 9) beeinflusst negativ die Zuverlässigkeit seines Fahrwerks (Spalte 27)!
  • Im Tabellenfeld 9/27 findet man folgende Verfahren in der empfohlenen Reihenfolge: 11, 35, 27, 28.

Laut dem Prinzip Nr.11 soll die unzureichende Zuverlässigkeit durch die vorher bereitgestellten Schadenvorbeugungsmittel ausgeglichen werden. Eine mögliche Lösung lautet daher:

Hinter jeder Felge wird eine feste Scheibe angebracht!

Sie hält nach dem Platzen des Reifens das Fahrzeug im waagerechten   Zustand und reduziert dadurch das Risiko eines schweren Unfalls  (US Pat. 2879821).