Markteintrittsstrategie

24.11.2020 | Geschäftsidee + Geschäftsmodell, Business Know-How, Featured

Für Existenzgründer erweist sich die Erschließung eines Marktes häufig als sehr schwierig, da sie Markteintrittsbarrieren überwinden müssen. Markteintrittsbarrieren sind Faktoren, die das Ziel eines erfolgreichen und zugleich ertragreichen Markteintritts verhindern oder zumindest erschweren bzw. verlangsamen. Sie beeinflussen demnach die langfristigen Perspektiven am Markt und lassen sich wie folgt unterteilen:

  • Institutionelle Markteintrittsbarrieren: Hierunter versteht man Handelshemmnisse oder bestehende Strukturen, die in der Hand von konkurrierenden Herstellern oder des Staates liegen. Diese können grundsätzlich folgendermaßen voneinander abgegrenzt werden:
    • Größenvorteile: Betriebsgrößenersparnisse halten Unternehmen vom potenziellen Markteintritt ab, da diese gezwungen wären, sofort mit großen Volumina einzusteigen oder einen Kostennachteil anzunehmen. Größenvorteile bei Produktion und Forschung, aber auch bei Vertrieb und Finanzierung können die Eintrittsbarrieren in fast allen Bereichen der Unternehmenstätigkeit darstellen.
    • Produktdifferenzierung: Neue Produkte auf den Markt zu bringen bedeutet, die Markentreue der Kunden zu den bestehenden Produkten zu brechen. Das erfordert von den Organisationen, die den Markteintritt erwägen, hohe Investitionskosten vor allem in die Werbung, um eine Markenidentifikation zu erreichen.
    • Kapitalbedarf: Eine weitere Markteintrittsschranke stellt die Notwendigkeit dar, hohe Beträge zu investieren, um sich in einer Branche durchzusetzen. Das gilt insbesondere für Investitionen in uneinbringliche Ausgaben für Einstiegswerbung, Forschung und Entwicklung oder das Auffangen von Anlaufverlusten.
    • Größenunabhängige Kostennachteile: Die am Markt bestehenden Unternehmen verfügen über Kostenvorteile, die dem neuen Anbieter unabhängig von seiner Größe nicht zugänglich sind. Dies hat zu tun mit den bereits gewonnenen Erfahrung, unternehmenseigenen Technologien, die rechtlich durch Patente geschützt werden können, dem Zugang zu Informationen, staatlichen Subventionen oder auch begünstigten Standorten.
    • Zugang zu den Vertriebskanälen: Der neue Anbieter muss genau überlegen, welche Vertriebskanäle er für seine Produkte auswählt. In vielen Branchen sind diese Kanäle sehr begrenzt, zum Beispiel die Regelfläche im Einzelhandel, das stellt für die Organisation also eine große Hürde dar.
    • Staatliche Eingriffe: Der Staat kann den Eintritt in eine Branche einschränkend regulieren oder sogar unmöglich machen, indem er Steuerungsmechanismen wie Lizenzen, Vorschriften und Sicherheitsbestimmungen einsetzt sowie den Zugang zu Rohstoffen beschränkt.
  • Verhaltensbedingte Markteintrittsbarrieren: Sie ergeben sich aus dem Verhalten der Kunden und beruhen meist auf
    • Wahrnehmungen,
    • Präferenzen,
    • Gewohnheiten.
  • Unternehmensinterne Markteintrittsbarrieren: Diese haben mit dem eigenen Unternehmen zu tun, zum Beispiel
    • ungenaue Marktkenntnis,
    • fehlende betriebswirtschaftliche Erfahrung,
    • mangelndes technisches Know-how.

Bei der Festlegung Ihrer Unternehmensstrategie müssen Sie überlegen, wie Sie die für Sie geltenden Markteintrittsbarrieren überwinden wollen, um Ihre Ziele zu erreichen. Je nach Stoßrichtung stehen Ihnen hierfür verschiedene Optionen zur Verfügung. Welche sinnvoll ist, hängt davon ab, ob sie sich an Ihre anvisierten Kunden (Abnehmer), Ihre Konkurrenten oder Ihre Vertriebspartner (Absatzmittler) richten und zu welchem Zeitpunkt Sie den Markteintritt planen.

Abnehmergerichtete Strategien

Zunächst sollten Sie Ihre Strategie nach Ihren Kunden ausrichten, dabei lassen sich grundsätzlich folgende Strategiearten unterscheiden:

Konkurrenzgerichtete Strategien

Während abnehmergerichtete Strategien darauf abzielen, Wettbewerbsvorteile beim Kunden aufzubauen oder abzusichern, befassen sich konkurrenzgerichtete Strategien mit der Abgrenzung und dem zukünftigen Verhalten des Unternehmens seinen Mitbewerbern gegenüber. Diese lassen sich wie folgt einteilen:

  • Kooperationsstrategie: Diese wird angestrebt von Unternehmen, die nicht die Ressourcen haben, um sich der Konkurrenz entgegenzusetzen, und erkennen, dass durch eine Zusammenarbeit eine höhere Rendite erzielt werden kann. Es wird eine Zusammenarbeit verfolgt, um den Anforderungen des Marktes gemeinsam begegnen zu können, Synergieeffekte zu nutzen (Kostendegression) oder einen Wettbewerbskonflikt zu vermeiden.
  • Konfliktstrategie: Den Wettbewerbern gegenüber wird ein aggressives Verhalten verfolgt. Ziel einer Konfliktstrategie ist es, mithilfe von vergleichender Werbung oder Niedrigpreisen Marktanteile zu gewinnen und schließlich die Marktführerschaft zu übernehmen. In seiner aggressivsten Form besteht das Ziel darin, die Konkurrenz aus dem Markt zu drängen.
  • Ausweichstrategie: Durch innovative, schwer zu imitierende Produkte soll dem Wettbewerbsdruck standgehalten werden. Es geht darum, zumindest zeitweise isolierte Marktsegmente zu schaffen, in denen eine Marktführerschaft erreicht und möglichst lange verteidigt werden kann. Diese Strategien sind dann erfolgreich, wenn frühzeitig Markteintrittsbarrieren aufgebaut und Spezialisierungseffekte erreicht werden können.
  • Anpassungsstrategie: Das eigene Verhalten wird an die Aktionen der Wettbewerber angepasst, um die aktuelle Marktposition zu erhalten. Dieses defensive Verhalten ist jedoch nur ratsam auf Märkten, in denen kein oder nur ein geringer Konkurrenzdruck herrscht.

Absatzmittlergerichtete Strategien

Da der Handel für den Absatz von Produkten von überragender Bedeutung ist, muss nicht nur eine Verhaltensstrategie gegenüber den Konsumenten und den Konkurrenten, sondern auch gegenüber den Absatzmittlern festgelegt werden. Dabei kann zunächst zwischen Push- und einer Pull-Strategien unterschieden werden:

  • Push-Strategie: Das Unternehmen versucht, den Handel direkt dahingehend zu beeinflussen, dass seine Produkte gelistet, also ins Verkaufsprogramm aufgenommen werden.
  • Pull-Strategie: Dabei versucht das Unternehmen in erster Linie, eine Nachfrage bei den Konsumenten zu schaffen, zum Beispiel durch intensive Werbemaßnahmen. Die soll so hoch sein, dass sich der Handel gezwungen sieht, das betreffende Produkt des Unternehmens in sein Sortiment aufzunehmen.

Allerdings verfügen nur die wenigsten Unternehmen über die Macht, diese beiden Strategien tatsächlich umzusetzen. Vielmehr ist es in den meisten Fällen ratsam, die Verhandlungsmacht des Handels nicht zu unterschätzen und hierauf angemessen zu reagieren. Dazu bieten sich mehrere Strategieansätze an (siehe Abb. 2.35).

  • Kooperation: Im Rahmen einer intensiven Zusammenarbeit zwischen Produzent und Handel soll das Verhalten der beiden im Sinne einer Partnerschaft so aufeinander abgestimmt werden, dass beide den maximalen Gewinn erreichen.
  • Umgehung: Das Unternehmen verzichtetet bewusst auf eine Zusammenarbeit mit dem Handel und versucht, die Aufgaben des Handels selbst zu organisieren, zum Beispiel durch Direktvertrieb oder Online-Shops.
  • Konflikt: Die Machtstellung sowie die Forderungen des Handels werden nicht beachtet. Der Hersteller strebt eine dominante Machtposition an, durch die der Handel zu einer Anpassung an die Forderungen des Herstellers gezwungen werden soll.
  • Anpassungsstrategie: Das Unternehmen akzeptiert die Machtposition des Handels und geht auf dessen Forderungen ein, um eine Auslistung zu verhindern.

Timing-Strategien

Schließlich ist noch die Strategie für die zeitliche Realisation (Timing) des Markteintritts frstezulegen.

Wahl der richtigen Eintrittsstrategie

Wenn Sie ein neues Produkt mit einem neu gegründeten Unternehmen auf dem Markt anbieten wollen, müssen Sie typischerweise folgende Schwierigkeiten bewältigen:

  • Ihr Unternehmen existiert noch nicht oder wurde erst vor Kurzem gegründet (liability of newness). Es liegen daher noch keine fundierten Unternehmensdaten vor, die Sie Ihren Entscheidungen zugrunde legen könnten
  • Sie haben auch noch keine längere Unternehmenshistorie vorzuweisen. Dadurch sind Sie im Markt noch nicht bekannt und es fehlen Ihnen Referenzkunden, auf die Sie im Rahmen der Kundenakquise verweisen können.
  • Die Entscheidungsprozesse im Unternehmen sind vor allem durch Ihre Person geprägt. Damit hängt der Unternehmenserfolg überdurchschnittlich stark von Ihren Fähigkeiten, Ihrer Tatkraft und Ihrer Präsenz ab.
  • Ihr Unternehmen ist einer dynamischen, sich ständig verändernden Umwelt ausgesetzt und weist gerade am Anfang ein überproportionales, quantitatives Wachstum auf. Entsprechende Besonderheiten und Ausgestaltungsmöglichkeiten in der Frühentwicklung gehen oftmals mit wachstumsbedingten Krisenerscheinungen ein (liability of adolescence).
  • Sie verfügen nur über wenige Ressourcen, zum Beispiel Rohstoffe, Maschinen, Personal und Kapital, sodass es schnell zu Engpässen kommen kann (liability of smallness).
  • Es sind hohe Anlaufkosten für den Aufbau der Produktion, zum Beispiel für die Anschaffung von Maschinen, die Einrichtung von Büroräumen und Geschäftslokalen, sowie die Steigerung der Bekanntheit etwa durch Werbung erforderlich.
  • Ihr Unternehmen erwirtschaftet noch keinen Gewinn und erzielt noch keinen Umsatz, sodass die Gefahr besteht, dass es nach einer gewissen Zeit überschuldet oder nicht mehr zahlungsfähig ist.
  • Eventuell wird eine Finanzierungslücke durch externe Kapitalgeber geschlossen, diese üben jedoch wesentlichen Einfluss auf Ihr Unternehmen aus.

Angesichts dieser Schwierigkeiten sind Ihre Möglichkeiten, eine effektive Marketingstrategie festzulegen und umzusetzen, in der Regel beschränkt. Allerdings müssen Sie auch keine Rücksicht auf bestehende Produkte –insbesondere auf mögliche Kannibalisierungseffekte durch das neue Produkt – oder Empfindlichkeiten von Mitarbeitern, Händlern und Wettbewerbern nehmen. Das Marketing von Gründungsunternehmen (Entrepreneurial Marketing) unterscheidet sich deutlich von dem bestehender Unternehmen: