Entwicklung einer Geschäftsidee

15.12.2020 | Business Know-How, Geschäftsidee + Geschäftsmodell, startUPkit

Jede Gründung beginnt mit einer Idee. Allerdings eignen sich nicht alle Ideen, um ein Unternehmen aufzubauen. So werden viele Vorhaben niemals durchführbar oder profitabel sein. Für den Existenzgründer ist es von großer Bedeutung, sich darüber klar zu werden, bevor er Zeit und Geld in die Umsetzung investiert.

Kreative Ideen oder neues Wissen an sich sind noch keine Innovation. Sie entsteht erst dann, wenn neue Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren entwickelt werden (Invention), die sich tatsächlich erfolgreich anwenden lassen und den Markt durchdringen (Diffusion).

Wichtig

Innovation = Idee + Invention + Diffusion

Da die Entwicklung von Prototypen sowie die Markteinführung neuer Produkte sehr kosten- und zeitintensiv sind, empfiehlt sich in der Regel folgende Vorgehensweise:

  • Zunächst wird eine möglichst große Vielzahl an Ideen generiert.
  • Im nächsten Schritt werden die Ideen nach bestimmten Kriterien bewertet und die untauglichen aussortiert.
  • Nur für die verbleibenden Ansätze werden anschließend Geschäftsmodelle und Prototypen entwickelt.
  • Produziert und in den Markt eingeführt wird schließlich nur die Idee, die den größten Markterfolg verspricht.

Generierung von Ideen

Grundsätzlich existieren zwei konkurrierende Ansätze dazu, wie sich unternehmerische Gelegenheiten ergeben:

  • Entdeckungsansatz („discovery“)
  • Entstehungsansatz („creation“)

Entdeckungsansätze

Für das Auffinden lohnenswerter unternehmerischer Vorhaben ist eine intensive Suche des Unternehmers nach Marktineffizienzen erforderlich („opportunity recognition“). Gemäß dem Sprichwort: „Das Geld liegt auf der Straße“ existieren jederzeit und überall günstige Gelegenheiten, die nur darauf warten, entdeckt und genutzt zu werden. Entrepreneure haben ja einen besonderen Sinn dafür, solche Chancen aufzuspüren, und verfügen über die notwendige Tatkraft, diese zu ergreifen. Hierfür verschaffen sie sich aktiv die notwendigen Informationen und entwickeln hieraus eine neue Zweck-Mittel-Relation, die zu einer neuen Geschäftsidee führt. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich unter folgenden Voraussetzungen typischerweise unternehmerische Gelegenheiten ergeben.[1]

Informationsasymmetrien

Informationsasymmetrien können eine Möglichkeit eröffnen. In diesem Fall hat der Entrepreneur einen Wissensvorsprung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, sodass diese die sich bietende Geschäftschance im Gegensatz zu ihnen nicht erkennen.

Exogene Schocks

Ebenso können exogene Schocks, also einmalige Ereignisse, zu einer plötzlichen Veränderung des Angebots oder der Nachfrage führen, sodass neue unternehmerische Gelegenheiten entstehen, beispielsweise:

  • Technologische Veränderungen
  • Politische Entwicklungen wie Umstürze und Revolutionen oder regulative Veränderungen wie der Wegfall staatlicher Monopole
  • Soziale Veränderungen, zum Beispiel durch Migrationen oder demografische Entwicklungen

Angebotsänderungen

Des Weiteren können bereits eingeführte Innovationen weitere Innovationen nach sich ziehen. Dies gilt insbesondere für folgende Neuerungen:

  • Neue Produkte wie Smartphones oder Dienstleistungen wie das Bereitstellen von Geo-Daten
  • Neue Rohmaterialien, zum Beispiel Keramiken mit speziellen Eigenschaften
  • Neue Produktionsmethoden, zum Beispiel Digitalisierung der Industrie
  • Neue Organisationsmethoden, zum Beispiel modernes Personalmanagement

Nachfrageänderungen

Bei Veränderungen auf der Nachfrageseite eröffnen sich ebenfalls neue Geschäftschancen. So kann sich das Kaufverhalten insbesondere durch neue Bedürfnisse wandeln, zum Beispiel durch andere Vorlieben oder kulturelle Verschiebungen. Ebenso spielt die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Kunden eine Rolle, die sich zum Beispiel wegen konjunkturbedingten Einkommensänderungen oder erhöhter Sparsamkeit verändern.

Inkongruenzen

Weiterhin erlauben es bestehende Inkongruenzen innerhalb einer Branche den Entrepreneuren, ökonomische Nischen zu besetzen. An Übereinstimmungen fehlt es beispielsweise, wenn die Mitbewerber

  • die Bedürfnisse der Kunden falsch einschätzen,
  • Produkte anbieten, die nicht hinreichend zur Lösung der Kundenprobleme beitragen,
  • das Marktpotenzial und die Wettbewerbskräfte fehlerhaft beurteilen.

Vorausgehende unternehmerische Aktivitäten

Schließlich können sich aus früheren Unternehmungen des Entrepreneurs neue Chancen ergeben. Selbst wenn der Unternehmer mit seinen vorherigen Aktivitäten gescheitert sein sollte, hat er eventuell Erfahrungen gemacht, die ihn dazu befähigen, neue Herausforderungen zu erkennen und zu meistern.

Entstehungsansätze

Den Entstehungsansätzen liegt die Annahme zugrunde, dass günstige Gelegenheiten entstehen, indem sie von dem Unternehmer geschaffen werden. Sie entwickeln sich durch evolutionäre Prozesse, bei denen zu Beginn das Ergebnis völlig offen ist und erst durch einen kreativen Akt erarbeitet wird. Dazu wurden verschiedene Strategien entwickelt, die im Folgenden näher erläutert werden.

Design-Thinking

Aktuell ist das Design-Thinking ein beliebtes Konzept zur kreativen Problemlösung, erstmalig wurde es von der Ideenagentur IDEO entwickelt.[2] Im Kern zielt diese Methode darauf ab, Innovationen hervorzubringen, die sich am Nutzer orientieren und dessen Bedürfnisse befriedigen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass echte Innovation nur in der Schnittmenge der drei gleichberechtigten Faktoren Mensch, Technologie und Wirtschaft entsteht. Sie vereint demzufolge Erwünschtheit („desirability“), Durchführbarkeit („feasibility“) und Wirtschaftlichkeit („viability“). Nur wenn alle drei Faktoren berücksichtigt werden, kann sich demnach eine Innovation durchsetzen.

Lean Startup

Ein weiterer derzeit populärer Ansatz zur Generierung von Geschäftsideen ist die „Lean-Startup“-Methode, die Eric Ries[3] entwickelt hat. Der Begriff „lean“ (im Sinne von „schlank“) ist dem Prinzip des „Lean Managements“ entlehnt, also den Denkansätzen und Methoden zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Güter. Das weist auf die Zielsetzung dieser Methode hin, es geht darum, schnellstmöglich und kostengünstig eine Ware oder Dienstleistung zu gestalten und auf den Markt zu bringen. Aus dem Feedback der ersten Kunden können dann Rückschlüsse für die weitere Produktentwicklung gezogen werden. Auf diese Weise soll ein Produkt kreiert werden, das einerseits die Bedürfnisse der Kunden befriedigt und andererseits für den Unternehmer wirtschaftlich tragfähig ist.

Blue-Ocean-Strategy

Ein weiteres beliebtes Konzept für das Kreieren neuer Geschäftsmodell ist die „Blue-Ocean-Strategy“, die W. Chan Kim und Renée Mauborgne[4] auf Grundlage empirischer Studien entwickelt haben. Der Begriff „Ozean“ steht in diesem Zusammenhang für einen Markt oder Industriezweig:

  • Als „Blaue Ozeane“ („Blue Oceans“) werden unberührte Märkte bezeichnet, die wenig bis gar keinen Wettbewerb aufweisen.
  • „Rote Ozeane“ („Red Oceans“) sind dagegen gesättigte Märkte, in denen alle die gleichen Produkte anbieten und die daher durch harte Konkurrenz charakterisiert sind.

Diese Strategie basiert auf der Idee, dass sich erfolgreiche Unternehmen nicht am Wettbewerb orientieren, sondern eigene Wege suchen sollen. Erforderlich sind dazu Innovationen, durch die sich entweder neue Märkte erschließen lassen oder durch die in bestehenden Märkten die Nachfrage gesteigert werden kann, da die bisherigen Wettbewerber die neuen Eigenschaften (noch) nicht bieten. Erfolgreiche Innovationen beruhen meistens nicht auf technologischen Neuerungen, sondern vielmehr auf einer neuartigen Gestaltung des Gesamtangebots. Der Schwerpunkt bei diesem Ansatz liegt daher auf der Neudefinition des Marktes oder der Konsumenten.

Gehe dahin, wo Gewinne und Wachstum sind – und nicht der Wettbewerb.

Gartner Hype Cycle

Eine gute Möglichkeit, sich einen Überblick über aktuelle Trends im Bereich technologischer Neuentwicklungen zu verschaffen, ist der „Gartner-Hype-Cycle“. Dieser Begriff wurde von Jackie Fenn geprägt, einer Mitarbeiterin des Marktforschungsunternehmens Gartner, heute dient er Technologieberatern dazu, die Einführung neuer Technologien zu bewerten. Der Hype-Cycle stellt dar, welche Phasen der öffentlichen Aufmerksamkeit eine neue Technologie durchläuft.

Kreativitätstechniken

Die zuvor beschriebenen Ansätze für Innovationen setzen das Generieren von Ideen voraus, was stets einen kreativen Prozess erfordert. Unter Kreativität versteht man die Fähigkeit des Menschen, Denkergebnisse beliebiger Art hervorzubringen, die ihm vorher unbekannt waren und daher für ihn neu sind. Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass aus bekannten Informationen neue Kombinationen gebildet werden oder dass bekannte Beziehungen auf andere Sachverhalte übertragen werden.[5]

Jeder Mensch verfügt über ein gewisses Maß an Kreativität, Ansätze können intuitiv und spontan entstehen. Dies kann bei der Arbeit passieren, jedoch haben Untersuchungen ergeben, dass Ideen am häufigsten in der Freizeit ersonnen und weitergedacht werden:

Das Maß an Kreativität hängt nur bedingt von den Fähigkeiten der jeweiligen Person und ihrer Intelligenz ab. Vielmehr handelt es sich um eine Fertigkeit, die erlernbar ist, sie kann durch Ausbildung und Übung gefördert werden. Voraussetzung für Kreativität ist,[6]

  • dass sich die betreffende Person mit dem anstehenden Thema auseinandersetzen will,
  • dass sie sich in die fachliche Thematik hineinversetzen kann und
  • dass die inneren und äußeren Bedingungen Kreativität zulassen.

In der Wissenschaft und Praxis wurden verschiedene Techniken entwickelt, mit denen ein kreativer Prozess eingeleitet und durchgeführt werden kann. Sie lassen sich anhand der jeweiligen Durchführungsmerkmale in sechs Kategorien einteilen.[7]

Bewertung von Ideen

Wurden genügend Ideen generiert und gesammelt, müssen sie bewertet werden. Ziel ist es, die Ansätze zu finden, die den größten Erfolg versprechen. Eine Nutzwertanalyse stellt dabei ein ebenso einfaches wie effizientes Instrument dar, um eine Entscheidungsgrundlage zu erhalten, damit das Ergebnis nicht nur auf reinem Bauchgefühl beruht. Dabei ist wie folgt vorzugehen:

  • Zunächst werden Kriterien entwickelt, die für die Entscheidung relevant sind. Dies können unter anderem sein:
  • Höhe des Kundennutzens
  • Eignung zur Problemlösung
  • Innovationsgrad
  • Praktikabilität
  • Durchführungsaufwand
  • Verständlichkeit
  • Reproduzierbarkeit
  • Abhängigkeit von externen Faktoren wie Verfügbarkeit von Rohstoffen, Lieferanten oder Vertriebskanälen
  • Diese Kriterien werden thematisch strukturiert in eine Tabelle eingetragen und entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet (üblicherweise mit Werten zwischen 0 und 1).
  • Jede Idee wird an den einzelnen Kriterien gemessen und ihre Erfüllung mit einer einheitlichen Skala eingeschätzt.
  • Anschließend werden die einzelnen Bewertungen mit dem Wert der Gewichtung multipliziert und die so gewonnenen Ergebnisse addiert.
  • Der Idee mit dem summarisch besten Ergebnis ist der Vorzug zu geben.

Beispiel

Bedeutung des Neuheitsgrads

Betrachtet man das Gründergeschehen in Deutschland, so zeigt sich, dass im Jahr 2014 gerade einmal 16 % der Existenzgründer eine Marktneuheit eingeführt haben (vgl. Metzger G., KfW-Gründungsmonitor 2015):

Regionale Marktneuheiten sind oft das Ergebnis eines (kontinuierlichen) Diffusionsprozesses neuer Angebote von städtischen in ländliche Gebiete. Überregionale Marktneuheiten sind dagegen häufiger tatsächlich „noch nie dagewesen“.

Gerade überregionale Marktneuheiten sind eng mit Innovationen verknüpft. 37 % der Gründer mit solchen Produkten führen nach eigenen Angaben Forschung und Entwicklung durch, um technologische Innovationen zur Marktreife zu bringen. Insgesamt forscht und entwickelt nur jeder zehnte Gründer an technologischen Innovationen:


[1] Vgl. hierzu Frank/Mitterer(2009)

[2] In der Wissenschaft wurden weitere idealtypische Prozessmodelle entwickelt, bei denen sich jeweils die Prozessschritte bezüglich ihrer Bezeichnung und Detaillierung unterscheiden.

[3] Ries (2014)

[4] Kim/Mauborgne (2005)

[5] Vgl. hierzu Oberschmid/Stugger (2006)

[6] Vgl. hierzu Schlicksupp (1998)

[7] Vgl. hierzu Oberschmid/Stugger (2006)