Vertragsmanagement

07.01.2021 | Recht + Steuern, Business Know-How, startUPkit

Gerade junge Entrepreneure sind oft mit den Gepflogenheiten bei der Verhandlung und Durchführung von Verträgen nicht vertraut. Dieses Unverständnis kann häufig dazu führen, dass wichtige Verträge mit Kunden oder Lieferanten nicht zustande kommen. Der folgende Beitrag soll daher veranschaulichen, was im Wirtschaftsverkehr die übliche Vorgehensweise bei Vertragsschlüssen ist und worauf man dabei zu achten hat.

Einführung

Begriff des Vertrages

In juristischer Hinsicht werden durch einen Vertrag Rechte und Pflichten begründet, die gerichtlich durchsetzbar sind:

„Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern“ (§ 241 Abs. 1 BGB).

„Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt“ (§ 311 Abs. 1 BGB).

Darüber hinaus ist jedoch auch zu beachten, dass ein Vertrag die Funktion hat, überhaupt erst die Grundlagen für eine gedeihliche Geschäftsbeziehung zu schaffen:

„Verträge sind die Spielregeln für ein geordnetes Miteinander“ (Rittershaus)

Rechtliche Grundlagen in Deutschland

Art. 2 Abs. 1 GG schützt die sog. allgemeine Handlungsfreiheit („Jeder kann tun und lassen, was er will…”), Ausfluss dieser allgemeinen Handlungsfreiheit ist der Grundsatz der Vertragsfreiheit (auch Grundsatz der Privatautonomie genannt). Danach haben alle Rechtssubjekte das Recht, die Rechtsbeziehungen zueinander nach ihren Vorstellungen einverständlich zu regeln.

Verträge können damit als „vereinbarte Gesetze“ verstanden werden, an die sich die daran beteiligten Parteien halten müssen.
Verträge gehören insofern zu den ältesten Formen, in denen Recht entsteht, und sind wahrscheinlich früher entstanden als Gesetze.

Verträge kommen grundsätzlich durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, insbesondere durch Angebot und Annahme (§§ 145 ff BGB) zustande.

Die wichtigsten Vertragsformen sind dabei im BGB geregelt, wie z. B.

  • Kaufverträge,
  • Dienstverträge,
  • Werkverträge,
  • Mietverträge.

Viele im Wirtschaftsleben vorkommende wichtige Vertragsformen sind jedoch gesetzlich nicht geregelt, sondern setzen sich aus mehreren Elementen einzelner Vertragsformen zusammen oder sind vollkommen eigenständige Vertragsformen, wie z. B.

  • Leasingverträge,
  • Franchiseverträge,
  • Factoringverträge.

Der Grundsatz der Vertragsfreiheit findet jedoch seine Grenzen im Interesse der Allgemeinheit an einem geordneten Zusammenleben. Diese Begrenzungen der Privatautonomie finden ihren Ausdruck in vielen Regelungen des Privatrechts, die nicht von den Vertragsparteien abgeändert werden können (also „unabdingbar“ sind) , z.B.

  • warnende Formvorschriften (z.B. notarielle Beurkundung von Grundstückkäufen),
  • Verbraucherschutzbestimmungen (z.B. Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen),
  • schützende Regeln im Miet- und Arbeitsrecht (z.B. durch die Diskriminierungsverbote gemäß dem AGG).

Weitere Begrenzungen ergeben sich aus dem Grundsatz der solidarischen Rücksichtnahme, insbesondere

  • dem Grundsatz von Treu und Glauben (§§ 157, 242, 307 BGB) und
  • der Rechts- und Sittenordnung (§§ 134, 138 BGB).

Ziele eines Vertrages

Mit einem Vertrag werden regelmäßig folgende Ziele verfolgt:

  • Gestaltung und Umsetzung klarer und verbindlicher Regelungen und
  • das Erkennen und die Verteilung von Risiken.

Gestaltung und Umsetzung klarer und verbindlicher Regelungen

Ein Vertrag dient als wesentliches Werkzeug für die Erreichung des hiermit bezweckten Erfolges. Dies kann beispielsweise sein:

  • Erzielung von Umsatz,
  • Verlustfreie Abwicklung von Projekten,
  • Sicherung der Liquidität im Unternehmen.

Im Idealfall verschwindet ein Vertrag nach dem Abschluss für immer in der Schublade, weil alle Beteiligten ihre Verpflichtungen kennen und danach handeln. Häufig wird daraus der Schluss gezogen, der Vertrag sei von Anfang an nutzlos gewesen, und man habe nur damit nur unnötig Zeit und Geld verschwendet. Dies trifft jedoch meistens nicht zu, da die (unerfahrenen) Parteien sehr häufig nur Preis und Leistung in den groben Umrissen vor Augen haben:

  • Die Gestaltung eines Vertrages setzt eine umfassende Information über das geplante Vorhaben und eine entsprechende Risikobewertung voraus; in vielen Fällen werden die Risiken überhaupt erst sichtbar, wenn man an Vertragstexten arbeitet.
  • Ebenso wird erst hierdurch meistens das eigentliche Zentrum des Vertrages – der Leistungsinhalt erst näher definiert (z. B. durch Qualitätsbeschreibungen, zugesicherte Eigenschaften, Festlegung der Zahlungsbedingungen).

Erkennen und Verteilung von Risiken

Unabhängig vom Vertragstyp muss man stets über die Risiken nachdenken, die zwischen den Parteien (oder auch Dritten) zu verteilen sind. Die Aufgabe des Vertrages ist es,

  • diese Risiken zu definieren,
  • in ihre Bestandteile aufzulösen,
  • auf die einzelne Vertragsparteien zu verteilen und
  • Prozesse festzulegen, wie man in Krisensituationen das System anpassen oder ändern kann, um gleichwohl das Ziel zu erreichen

Risikofaktoren ergeben sich insbesondere typischerweise aus:

  • der zeitlichen Distanz zwischen einzelnen Leistungen (z.B. Änderung der Bonität des Vertragspartners, Untergang des Vertragsgegenstandes, Aufbewahrungskosten),
  • der räumlichen Distanz zwischen einzelnen Leistungen (insbesondere Transport- und Versicherungsrisiko),
  • der Leistungstiefe (z.B. erhöhtes Risiko bei Einschaltung von Subunternehmern anstelle der Leistungserbringung aus einer Hand),
  • dem Schnittstellenrisiko (insbesondere bei Informationsverlust bzw. -verfälschung),
  • dem Check and Balance (Überwachung der frist- und sachgerechten Einhaltung von Gestaltungsrechten aller Art).

Der Vertrag regelt aber nicht nur erkannte Risiken, sondern führt beide Parteien zwangsläufig dahin, nach weiteren möglichen Risiken zu suchen, diese in ihren Auswirkungen abzuschätzen und den Regelungsbedarf festzustellen, z.B.

  • Rechtliche Risiken
    • Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
  • Allgemeine Risiken
    • Gefahr der höheren Gewalt (Naturkatastrophen, Krieg etc.),
    • Politische Umwälzungen,
    • Währungsrisiken.

Wichtig
Je phantasievoller (aber auch realistischer) solche Risikoprognosen ausfallen, umso mehr bewährt der Vertrag sich in der Praxis. Risiken, die man nicht geregelt hat, muss im Zweifel derjenige tragen, den sie nach allgemeinen Regeln treffen!

Vertrauen als Geschäftsgrundlage

Da wegen der unendlichen Vielzahl von Möglichkeiten das Verhalten komplexer Systeme nicht vorhersehbar ist, kann die nötige Stabilität nur durch das Vertrauen erreicht werden, dass jede Seite das leisten wird, was sie laut Vereinbarung leisten soll (Grundsatz von Treu und Glauben). Wenn eine Partei dieses Vertrauen bricht, sehen die meisten Rechtsordnungen vor, dass die andere Seite den Vertrag auflösen und Schadenersatz verlangen kann.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Vertragsentwurfs besteht darin, sich zu fragen, ob diese Folgen nicht zu weit gehen. Sehr oft würde es sinnvoll sein,

  • die möglichen Vertragsverstöße in bestimmte Kategorien (leicht/mittel/schwer) einzuteilen und daran unterschiedliche Folgen zu knüpfen,
  • Eskalationsstrategien zu vereinbaren, die eine möglichst frühzeitige Konfliktlösung ermöglichen,
  • den stets möglichen Streit um die Leistungsqualität so weit als möglich zu objektivieren (Sachverständige etc.),
  • alternative Wege für den Fall zu entwerfen, dass ein bestimmter Weg sich als nicht gangbar erweist, ein anderer aber zu einem ähnlichen Resultat führen kann.

All diese vielfältigen Wirkungen werden zwar mit rechtlichen Mitteln erreicht, wirken sich aber keinesfalls nur im rechtlichen Regelwerk aus. Niemand schließt jedoch einen Vertrag, um sich am Ende durch Prozesse Geld zu verschaffen, auch wenn Verträge oft genug als Werkzeuge in einem ganz anders gemeinten Machtspiel eingesetzt werden. Der Vertrag macht die Erfüllung zwar erzwingbar, trägt aber zum Erfolg nur dann bei, wenn er Krisen verhindern hilft. Im Grunde ist der Vertrag bereits gescheitert, wenn die Krise nicht mehr mit seiner Hilfe, sondern nur noch mit prozessualen Mitteln zu behandeln ist.

Um das notwendige Vertrauen zu erzeugen, ist es notwendig, das Wesen eines Vertrages zu begreifen:

Verhandeln als soziales Ritual

Die Vertragsverhandlung ist häufig die erste wirklich wirksame Plattform, auf der die Parteien sich nach unverbindlichen Vorgesprächen treffen und miteinander kommunizieren können. Hieraus ergeben sich für beide Parteien die Chance, sich gegenseitig kennenzulernen und Rückschlüsse auf die spätere Vertragsdurchführung zu ziehen. Wenn nämlich ein künftiger Vertragspartner Risiken, die der andere sieht, beharrlich ignoriert und nicht geregelt haben will, kann man daraus den Schluss ziehen, dass er entweder zu ignorant oder zu selbstsicher (oder beides) ist, als dass man mit ihm einen gemeinsamen Erfolg erreichen könnte.

Die Vertragsverhandlung ist ein also soziales Ritual, das im Recht, in der Soziologie und in der Psychologie verankert ist (sog. „Negotiation Dance“). Schon in frühen Kulturen war das Vertragsverhandeln eine soziale Veranstaltung mit hohem Stellenwert und enthielt ebenso viel Spaß wie Aggression.

Statisches und dynamisches Vertragsverständnis

Verträge als rechtliche Regelungsformen haben ebenso wie Gesetze und soziale Regeln statische und dynamische Elemente:

  • Verträge müssen eine hinreichende Statik besitzen, weil sie sonst als Gerüst für die Absichten der Parteien nicht tauglich wären. Sie müssen geplant und berechenbar sein, brauchen Klarheit in den Eckdaten und Kernaussagen und müssen über Bereiche verfügen, die einvernehmlich geändert werden können.
  • Andererseits müssen Verträge aber auch Dynamik besitzen, d. h. Phantasie, Beweglichkeit, Alternativen, Sollbruchstellen und andere Elemente, die sie hinreichend flexibel machen.

Der Begriff „Vertragsbeziehung“ umfasst diese beiden Elemente der beweglichen Bindung und zeigt sie in ihrem dialektischen Verhältnis zueinander.

Verträge als komplexe Gebilde

Verträge sind bestimmt von

  • den rechtlichen Grundlagen:
    • Gesetz und Rechtsprechung wechseln,
    • Rechtsordnungen sind nicht- oder fehlverstanden
    • unbestimmte Rechtsbegriffe wie „unverzüglich“ oder „unangemessen“ sind nicht abschätzbar
  • dem erwarteten Ergebnis:
    • Selten offenbaren die beteiligten Parteien einander, mit welchen Risiken sie wirklich rechnen und von welchen sie hoffen, dass die andere Seite sie nicht erkennen möge und gleichwohl über den Text des Vertrages stillschweigend und unerkannt übernimmt.

Da wegen der unendlichen Vielzahl von Möglichkeiten das Verhalten komplexer Systeme nicht vorhersehbar ist, kann die nötige Stabilität nur durch das Vertrauen erreicht werden, dass jede Seite das leisten wird, was sie laut Vereinbarung leisten soll (Grundsatz von Treu und Glauben), Wenn eine Partei dieses Vertrauen bricht, sehen die meisten Rechtsordnungen vor, dass die andere Seite den Vertrag auflösen und Schadenersatz verlangen kann.

Flexibilität

Die Wahrnehmung der Realität und flexible Reaktionen sind in Vertragsbeziehungen die Grundvoraussetzung dafür, dass man seine eigenen Interessen realisiert.

„Wasser kennt keine beständige Form: Wer fähig ist zu siegen, indem er sich dem Gegner entsprechend wandelt und anpasst, verdient es, ein Genie genannt zu werden“ (Sun Tsu)

Das bedeutet: Nur bei gleicher Informationslage und gleicher Stärke besteht die Anpassung in eine Haltung, die der Starrheit des anderen angeglichen ist. Ist es aber anders, dann wird die Flexibilität siegen.

Flexibilität lässt sich nur erreichen, wenn man innerhalb der Vertragsbeziehung genügend Freiräume lässt, die undefiniert bleiben und – richtig verstanden – das stille, unbewegte Zentrum sind, um das einzelne Aktionen sich drehen.

„30 Speichen umringen die Nabe; wo nichts ist, liegt der Nutzen des Rades“ (Lao-Tse)

ln Vertragsbeziehungen kommt es mithin niemals darauf an, Prinzipien durchzusetzen, sondern darauf, zu einem bestimmten Ergebnis zu gelangen.

Im Laufe von Vertragsverhandlungen kann z.B. die Erkenntnis reifen: “Mit diesem Vertragspartner kann es keinen Erfolg geben!” ln solchen Fällen ist der Abbruch der Verhandlungen der Erfolg, den man anstreben sollte.

Vertragsmanagement

Das Vertragsmanagement umfasst alle planerischen und organisatorischen Tätigkeiten, die dazu dienen, den Vertrag zu gestalten und zu realisieren. Es setzt sich aus fünf Elementen zusammen, und zwar:

  • Vertragsplanung,
  • Vertragsdesign,
  • Vertragsverhandlung,
  • Vertragsdurchführung,
  • Vertragscontrolling

Vertragsplanung

In der Vertragsplanung geht es zunächst darum, zu ermitteln, welche Ziele der Vertrag erreichen soll. Diese Ziele sind meist kaufmännisch/technisch vorgegeben, können aber auch andere Bereiche einschließen, so etwa den Wunsch nach künstlerischem Ausdruck oder politischem Einfluss.

Die Planungsphase wird initiiert durch das Auftreten eines konkreten Bedürfnisses im Unternehmen. Anlass kann das interne Erkennen eines Bedarfs oder das externe Angebot eines Dritten sein.

Für die Vertragsplanung empfiehlt sich folgender Ablauf:

  • Ermittlung des allgemeinen Planungsziels,
  • Zuweisung der Planungsverantwortung,
  • Durchführung einer Stakeholderanalyse,
  • Erarbeitung der Gesamtstrategie,
  • Erarbeiten der Planungsfaktoren,
  • Festlegung der Abbruchkriterien,
  • Festlegung des Zeitrahmens,
  • Erarbeitungen erster interner Entwürfe,
  • Aufnahme des Kontakts mit der Gegenseite,
  • Einarbeitung der Vorschläge der Gegenseite.

Ermittlung der Vertragsziele

Zu Beginn sollte man sich darüber im Klaren werden, welche Ziele man mit dem Abschluss eines Vertrages erreichen möchte und welche nicht. Im Rahmen der späteren Vertragsverhandlungen gilt es, diese entsprechend ihrer Priorität durchzusetzen:

Muss-Ziele

Diese stellen den eigentlichen Grund dar, weshalb ein Vertrag überhaupt geschlossen werden soll. Werden diese nicht erfüllt, kommt es erst gar nicht zu einem Abschluss, da das eigene Bedürfnis nicht befriedigt wird. Ist ein potenzieller Verhandlungspartner erst gar nicht bereit, hierauf einzugehen, empfiehlt es sich, die Verhandlungen – höflich, aber bestimmt – einzustellen, um keine weitere Zeit und Kosten zu verschwenden.

Muss-Ziele sollten auf das Notwenigste reduziert werden! Anderenfalls versperrt man sich den Blick auf gleichwertige, alternative Angebote des Verhandlungspartners, an die man selbst nicht gedacht hat.

Soll-Ziele

Bei Soll-Zielen handelt es sich um solche Ziele, die zwar nicht zwingend erreicht werden müssen, deren Erfüllung man aber im Rahmen der Verhandlungen mit Nachdruck anstreben sollte.

Kann-Ziele

Dies sind solche Ziele, auf deren Erreichung man eigentlich keinen großen Wert legt oder mit denen man normalerweise nicht rechnen kann. Werden sie aber erfüllt, stellen sie einen willkommenen „Mitnahme-Effekt“ dar.

Nicht-Ziele

Aber auch die Nicht-Ziele sollten bei den Verhandlungen nicht vernachlässigt werden. Bei geschickter Verhandlung kann man großzügig auf diese verzichten und sich vom Verhandlungspartner im Gegenzug andere Vorteile versprechen lassen.

Zuweisung der Planungsverantwortung

Für jeden Vertrag, den ein Unternehmen abschließt und durchführt, muss es eine Person im Unternehmen geben, die hierfür die Verantwortung und damit auch die Führung übernimmt. Wirksame Führung bedeutet:

  • Ziele vereinbaren oder vorgeben,
  • sich gegenseitig bei der Erreichung dieser Ziele unterstützen,
  • sich gegenseitig über den Stand der Dinge informieren,
  • sich gegenseitig kontrollieren .

Wichtig!

Führung ist keine Teamaufgabe, sondern stets individuelle Verantwortung!

Stakeholderanalyse

Es ist zu beachten, dass es eine Reihe von Einzelpersonen oder Gruppen von Personen, die ein Interesse an dem Vertragsabschluss haben (sog. „Stakeholder“). Diese Menschen können auch einen gewissen Einfluss auf die Art und Weise haben, in der die Vertragspartner ausgewählt werden, ob der Vertrag abgeschlossen und wie er durchgeführt. Die Stakeholder können als Quelle von Wissen und Erfahrungen dienen, mit in das Vorhaben einbezogen werden und Verantwortung übernehmen.

Es ist daher sinnvoll, diese Personen zu identifizieren und zu überlegen, inwieweit sie in den Vertragsprozess einzubeziehen sind. Auf diese Weise können etwaige Konflikte vorausschauend vermieden werden.

Dabei geht man folgendermaßen vor

  • 1. Schritt:  Identifikation der Stakeholder
    • Wer hat Interesse an dem Vertrag?
    • Welche Prozesse werden beeinflusst?
  • 2. Schritt:  Analyse und Bewertung der Stakeholder
    • Welche Bedeutung hat der Stakeholder? 
    • Wie ist seine Beziehung zum Unternehmen?
  • 3. Schritt  Planung von Maßnahmen
    • Wie ist der Stakeholder im Vertragsprozess zu beteiligen?
    • Welche Chancen und Risiken gehen von ihm aus?
  • 4. Schritt:  Überwachung und Erfolgskontrolle der Maßnahmen

Erarbeitung der Gesamtstrategie

Unter der Vertragsstrategie versteht man alle Überlegungen, die sich mit dem erfolgreichen Abschluss und der anschließenden Durchführung des Vertrages beschäftigt. Der Vertrag als solches ist dabei nur ein strategisches Mittel, hinzu kommen viele weitere wie die Kontrolle über den Vertragspartner gewinnen, interne Rollenzuweisungen in den einzelnen Phasen sowie die korrekte Risikobewertung.

Die Vertragsstrategie ist dabei kein Mittel den Vertragspartner „zu schlagen“, sondern sie versteht sich viel mehr als Spannungsbogen zwischen den Vertragspartnern. Prinzipiell hat nämlich jede Partei entgegengesetzte Ziele und Vorstellung und versucht diese durchzubringen. Allerdings kommt ein Vertrag nur zustande, wenn eine Einigung auf beiden Seiten besteht.

Wichtige Erwägungen bei der strategischen Planung beachtet werden sind:

  • Gemeinsame Ziele zwischen Vertragspartnern müssen realistisch sein.
  • Unterschiedliche Interessen gibt es immer, diese müssen deutlich gemacht werden.
  • Verhaltensregeln müssen getroffen werden, falls sie nicht schon gesetzlich geregelt.
  • Sanktionen müssen so gewählt sein, dass auch in Krisen die Vertragserfüllung gesichert ist.

Planungsfaktoren

Um Ziele, Strategie und Taktik nicht der Intuition der Beteiligten zu überlassen, empfiehlt es sich, die sie bestimmenden Faktoren zu untersuchen. Planungsfaktoren sind

  • Information,
  • Machtverhältnisse und Beziehungen,
  • Zeitrahmen und Prioritäten,
  • Finanzielle Mittel,
  • Einsatz von Projektteams,
  • Beratung,
  • Kommunikation,
  • Störfaktoren.

Information

Grundlage aller taktischen Überlegungen ist dabei für alle Seiten die Information:

„Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen“ (Sun Tsu)

„Wer andere kennt, ist klug; wer sich selbst kennt, ist weise; wer andere bezwingt, ist kraftvoll; wer sich selbst bezwingt, ist unbezwingbar“ (Lao- Tse)

Die Beschaffung und Bewertung von Informationen ist äußerst sorgfältig durchzuführen. Bezeichnenderweise wird dies im angloamerikanischen „due diligence“ (=„kaufmännische Sorgfalt“) genannt. Nur in einer Verhandlungssituation, in der es gar kein Informationsgefälle zwischen beiden Parteien gibt, sind die taktischen Mittel beschränkt. In diesen Fällen kommt es aber meist gar nicht erst zum taktischen Spiel, sondern beide Parteien bleiben in ihren Positionen, wohl sehend, dass die andere Seite die eigenen Strategien voll durchschaut.

Machtverhältnisse und Beziehungen

Jeder Vertrag wird von den Machtverhältnissen zwischen den Parteien geprägt. Wer mächtiger ist, wird versuchen, den anderen nachteilige Bedingungen (z.B. niedrige Einkaufspreise oder die Abwälzung von Risiken) aufzuerlegen.

Im Gegensatz zur reinen Willkür besteht Macht in ihrem Kern jedoch nicht darin, andere tatsächlich zu unterdrücken, sondern sich in dem stets  zu erhaltenden Bewusstsein, dies jederzeit tun zu können:

„Das Machtbewusstsein lebt geradezu davon, selbst zu erfahren, wie andere sich mit der Macht arrangieren müssen … Wer mit Mächtigen Verträge schließt, hat es daher niemals leicht, muss aber auch seine Chancen sehen. Sie bestehen in erster Linie darin, dass Macht sich selbst beschränkt, da sie alle Handlungsalternativen ablehnen muss, die das Machtbewusstsein irritieren könnten. Das mächtige Unternehmen kann sich also im Laufe der Zeit immer weniger anpassen“ (Heussen)

Zeitrahmen und Prioritäten

Ein klar strukturiertes Zeitmanagement ist für einen erfolgreichen Vertragsabschluss unerlässlich. Verhandlungen, die sich mangels Planung unendlich in die Länge ziehen, verlaufen häufig ohne Ergebnis. Andererseits sind Entscheidungen, die unter Zeitdruck gefällt werden, meistens fehlerhaft, da nicht alle Aspekte, insbesondere Risiken und deren Verteilung, hinreichend gewürdigt worden sind.

Es empfiehlt sich daher,

  • sich Prioritäten zu setzen,
  • einen Zeitrahmen festzulegen,
  • die Zeit nach bestimmten (Zwischen-)Zielen (= Meilensteine) einzuteilen,
  • die jeweiligen Personen und Orte zu bestimmen.

Finanzielle Mittel

Geld spielt bei Verträgen oft die ausschlaggebende Rolle, insbesondere bei der Festsetzung von Preisen. Eine sorgfältige Angebotskalkulation auf beiden Seiten ist daher unumgänglich.

Darüber hinaus ist jedoch auch eine Liquiditätsplanung erforderlich:

  • Auf Seiten des Anbietenden müssen die zur Leistungserbringung erforderlichen finanziellen Mittel (z.B. Gehälter für das einzusetzenden Personal, Kosten für Rohstoffe, Fremdbauteile oder Handelswaren) entsprechend ihrem zeitlichen Ablauf der Fälligkeit zur Verfügung stehen.
  • Auf Seiten des Nachfragenden muss der vereinbarte Preis bei Fälligkeit entrichtet werden können.

Diese Planung ist insbesondere dann äußerst sorgfältig durchzuführen, wenn nicht genügend eigene liquide Mittel zur Verfügung stehen, sondern eine Refinanzierung erforderlich ist, z.B. durch

  • Bankdarlehen,
  • Erhöhung des Eigenkapitals.

Einsatz von Projektteams

Bei komplexen Verträgen, die den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb überschreiten und Auswirkungen auf eine Vielzahl von Geschäftsbereichen haben (z.B. bei Unternehmenskäufen), sollten Projektteams gebildet werden. Die Aufgabe des Projektteams besteht darin, die Geschäftsleitung bei der Ausgestaltung des Vertrages zu unterstützen, indem es

  • dessen Auswirkungen auf die einzelnen Geschäftsbereiche prüft und darlegt,
  • an der Formulierung des Vertrages mitwirkt,
  • eine beratende Funktion ausübt.

Wichtig

Die Auswahl der betreffenden Mitarbeiter muss jedoch äußerst sorgfältig erfolgen, da jeder Einzelne unterschiedliche persönliche Interessen verfolgen kann!

Berater

Bei komplexen Vertragsverhandlungen ist der Einsatz externer Berater meistens höchst ratsam. Dies können beispielsweise sein;

  • Rechtsanwälte,
  • Wirtschaftsprüfer,
  • Steuerberater,
  • Unternehmensberater,
  • kaufmännische oder technische Gutachter.

Die Vorteile bestehen regelmäßig in deren

  • Fachkenntnissen,
  • Unbefangenheit,
  • Kreativität,
  • Distanzierung,
  • Haftung.

Der Nachteil besteht in der häufig latent vorhanden Gefahr des „Parteiverrats“.

Kommunikation

Die Kommunikation unter den Beteiligten wird häufig unterschätzt. Typischerweise entstehen Probleme durch

  • eine falsche Selbsteinschätzung,
  • Gruppendynamik, und zwar sowohl im Verhältnis zur Gegenseite als auch innerhalb des eigenen Verhandlungsteams.

Insoweit sind die nach dem Harvard-Konzept aufgezeigten Maßnahmen anzuwenden. Sollte sich dennoch keine Besserung der Situation einstellen, sollte man darüber nachdenken, die beteiligten Personen

  • auseinander zu setzen („Getrennt marschieren, vereint zuschlagen“,
  • wenn auch dies nicht hilft, auszutauschen.

Störfaktoren

Schließlich müssen alle Störfaktoren identifiziert und beseitigt werden, die den Abschluss des Vertrages und dessen Durchführung behindern können. Störfaktoren können beispielsweise sein:

  • Fehlende Informationen,
  • Fachliche und personelle Inkompetenz,
  • Unentschlossenheit,
  • Unrealistisches Wunschdenken,
  • Unzuverlässigkeit,
  • Heuchelei.

Vertragsdesign

„Die Auslegung und das Design des Vertrages sollten so sein, dass der Vertrag realisierbar, verifizierbar und seine Durchführung lenkbar ist“ (Heussen)

Um diese Funktion zu erfüllen sollte das Vertragsdesign aus folgenden Elementen bestehen:

  • Form des Vertrages,
  • Aufbau, Gliederung und Struktur des Vertrages,
  • Sprache des Vertrages.

Die Qualität dieser Elemente wirkt sich unmittelbar auf folgende Aspekte aus:

  • Wirksamkeit des Vertrages: Verträge, die nicht in der vorgeschrieben Form abgeschlossen worden sind (z.B. notarielle Beurkundung von Kaufverträgen über Grundstücke und GmbH-Anteile), sind nichtig und damit von vorneherein unwirksam.
  • Beweiskraft der Urkunde: Ist ein Vertrag unter fragwürdigen Umständen zustande gekommen, ist seine Beweiskraft naturgemäß gering (z.B. Verkauf eines Porsches für 100 € – dokumentiert auf einem Bierdeckel).
  • Auslegung des Vertragsinhalts: Da bei der Auslegung eines Vertrages grundsätzlich nicht nur der Vertragstext, sondern auch die Umstände zu berücksichtigen sind, kann es im Streitfall zu unterschiedlichen Beurteilungen kommen.

Tipp

Vor diesem Hintergrund sollte man danach streben, die Entwurfsregie selbst zu übernehmen!

Form des Vertrages

Obwohl Verträge grundsätzlich formfrei abgeschlossen werden können (außer in gesetzlich vorgeschriebenen Ausnahmefällen), empfiehlt es sich zumindest bei komplexen Verträgen, diese in Textform (d.h. schriftlich, per E-Mail oder Telefax) niederzulegen:

  • Schriftliche Verträge haben als Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit.
  • Mündliche Verträge sind im Streitfall häufig nicht beweisbar.

Bei der Ausfertigung von Verträgen empfiehlt sich der Einsatz von Checklisten und Vertragsmustern. Quellen können insoweit sein:

  • Vertrags- und Formularbücher,
  • Bereits vorhandene eigene Verträge,
  • Formulierungen von Wettbewerbern.

Wichtig

Hierbei ist jedoch unbedingt darauf zu achten, dass solche Werkzeuge nicht „blind“ übernommen werden, sondern nur als Formulierungshilfe genutzt werden können! Jeder Vertrag und jeder Verhandlungspartner ist grundsätzlich individuell zu betrachten.

Vertragsstruktur

Bei Austauschverträgen empfiehlt sich folgendes 6-er Raster

Teil 1: Vertragliche Grundlagen

In diesem Kapitel gehören alle Aspekte, die die Geschäftsgrundlage des Vertrages betreffen:

  • Bezeichnung der Parteien /sog .“Rubrum“ (lat. für „rot“, weil die Parteibezeichnung früher in Gerichtsurteilen mit roter Schrift geschrieben wurde)
    • Name und Anschrift
    • Angabe der Vertretungsberechtigten
    • Kurzbeschreibung der Parteien
  • Bedarf des Leistungsempfängers
  • Angebot des Anbietenden
  • Gemeinsame Zielsetzung

In deutschen Vertragsdokumenten wird dieser Teil häufig mit „Präambel“ oder „Vorbemerkungen“ übertitelt. Im angloamerikanischen Rechtskreis wird oft folgende Eingangsformel  verwendet:  WHEREAS, … WHEREAS, …  WHEREAS, … NOW THEREFORE, … .

Bei komplexen Verträgen wird häufig zusätzlich ein Kapitel „Begriffsbestimmungen“ aufgenommen, in dem die Parteien im Vertrag verwendete Begriffe definieren (z.B. den Vertragsgegenstand); diese werden dann im restlichen Dokument groß geschrieben).

Teil 2: Inhalt der Leistungen

In diesem Kapitel werden die gegenseitigen Leistungen beschrieben. Es empfiehlt sich folgende Reihenfolge:

  • Sachleistung,
  • Mitwirkungspflichten,
  • Geldleistung.

In diesem Kapitel werden die gegenseitigen Leistungen beschrieben. Die Beschreibungen sollten so exakt wie möglich sein. Hierdurch wird nämlich einerseits die Werthaltigkeit der Sachleistung und Mitwirkungspflichten verdeutlicht, die sich in der Geldleistung widerspiegeln soll. Andererseits lassen sich spätere Streitfragen vermeiden, ob bestimmte Leistungen (z.B. zusätzliche Services bei Kaufverträgen) noch vom Vertrag umfasst sind.

Leistungen, die zwar nicht Gegenstand des Vertrages sind, aber zusätzlich bestellt werden können, sollten ebenfalls in diesem Teil aufgeführt werden (einschl. des Bestellvorgangs).

Teil 3: Sicherung der Leistungen

Es empfiehlt sich folgende Reihenfolge:

  • Sicherung der Sachleistungen, z.B.
    • Zusicherungen („representations“)
    • Garantien („warranties“)
  • Sicherung der Geldleistung, z.B.
    • Bürgschaften („letter of comfort“)
    • Treuhandvereinbarungen („escrow agreement“)
  • Haftungsvereinbarungen, insbesondere
    • Haftungsausschlüsse (im Rahmen von AGB nur eingeschränkt möglich! – z.B. kein Ausschluss für Personenschäden und bei grobem Verschulden)
    • Begrenzung der Haftungssumme (z.B. auf den jährlichen Auftragswert)
  • Vertragsstrafen oder pauschaler Schadensersatz („punitive damages“)
  • Außerordentliche Umstände, z.B.
    • Höhere Gewalt (Krieg, Naturkatastrophen, politische Umwälzungen, Sabotage, Streiks usw.) („force majeure clause“)
    • Wegfall der Geschäftsgrundlage („material adverse change clause“ – „MAC clause“)
  • Gleichlaufende Interessen der Parteien, z.B.
    • Geheimhaltungsvereinbarungen („non-disclosure agreement“)
    • Wettbewerbsverbot („non-competition clause“)

Teil 4: Vertragsdurchführung

Dieses Kapitel sollte alle Aspekte regeln, die für die Durchführung des Vertrages im Verhältnis zwischen den Parteien von Bedeutung sind, wie zum BeispieL

  • Zeitpläne,
  • Projektablauf (insbesondere Meilensteine),
  • Fälligkeit (insbesondere von Raten und Abschlusszahlungen),
  • Ansprechpartner (technisch, kaufmännisch, rechtlich),
  • Vertragslaufzeit (befristet oder unbefristet),
  • Kündigung,
    • Ordentlich (d.h. ohne bestimmten Grund, aber unter Einhaltung einer Kündigungsfrist),
    • Außerordentlich (d.h. ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, aber nur aus wichtigem Grund).

Teil 5: Allgemeine Bestimmungen

Dieses Kapitel enthält notwendige Formalitäten, z.B.

  • Schriftformerfordernisse,
  • Ggf. Vertragssprache,
  • Salvatorische Klausel („severability clause“),
  • Anwendbares Recht,
  • Gerichtsstand bzw. Schiedsgerichtsvereinbarung („arbitration settlement“).

Teil 6: Anlagen

Es gilt folgende Faustregel :

„In die Anlagen gehört alles, was auf Managementebene geändert werden kann und was bei einer Änderung die rechtliche Kernaussage   des Vertrages nicht berührt“ (Heussen)

Dies können beispielsweise sein:

  • Allgemeine Lieferbedingungen,
  • Allgemeine Einkaufbedingungen,
  • Ansprechpartner,
  • Standardisierte Preislisten (einschl. Rabattstaffeln).

Sprache des Vertrages

Die Sprache ist das wesentliche Werkzeug der Vertragsgestaltung. Es lassen sich folgende Sprachebenen unterscheiden:

  • Umgangssprache,
  • technische und kaufmännische Fachsprachen,
  • Juristische Fachsprache,
  • Fremdsprachen,
  • Definitionen.

Jede dieser Ebenen hat ihr eigenes Vokabular, die je nach Kreis der Beteiligten zu Missverständnissen führen können. Beispielsweise wird der Begriff „Besitz“ umgangssprachlich häufig mit dem Eigentum gleichgesetzt. In juristischer Hinsicht bedeutet dieser Begriff aber lediglich die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, die auch dann ausgeübt werden kann, wenn die Sache dem Besitzer nicht eigentumsrechtlich zugeordnet ist.

Wichtig

Ein gutes Vertragsdesign erfordert daher das Erkennen solcher Missverständnisse und deren Beseitigung (insbesondere durch genaue Definition der im Vertrag verwendeten Begriffe).

Vertragsverhandlungen

Geheimhaltungsvereinbarung („NDA“)

Im wirtschaftlichen Verkehr ist es für den Abschluss interessengerechter Verträge zumeist zwingend erforderlich, vorab Informationen auszutauschen, um den Vertragsgegenstand und dessen Wert so genau wie möglich festzulegen; dies gilt insbesondere dann, wenn das Angebot auf die speziellen Bedürfnisse des Nachfragenden abgestimmt werden muss. Aus diesem Grund wird regelmäßig vor Aufnahme der eigentlichen Vertragsverhandlungen eine Geheimhaltungs- bzw. Verschwiegenheitsvereinbarung („non-disclosure agreement“ – „NDA“) abgeschlossen.

Eine solche Vereinbarung regelt insbesondere

  • die Bestimmung der vertraulichen Information; insoweit ist insbesondere darauf zu achten, ob
    • jegliche Informationen dem NDA unterliegen (oft zu weitgehend) oder nur solche, die als vertraulich gekennzeichnet sind,
    • die Informationen auch an Dritte (insbesondere Berater und konzernverbundene Unternehmen) weitergegebene werden dürfen, sofern dies für die Ausführung des Vertrages erforderlich ist,
  • die Folgen bei Missachtung der Vertraulichkeit: Da in der Praxis ein hierdurch entstandener Schaden meistens kaum nachweisbar ist, sind häufig Vertragsstrafen oder der Ansatz eines Pauschalschadens vorgesehen (sog. „punitive damages“),
  • die Dauer der Geheimhaltungsverpflichtung (unbefristet oder befristet).

Absichtserklärung („LOI“)

Nach Abschluss des NDA wird zudem bei einem komplexen Vertrag, dessen Verhandlung voraussichtlich eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden sowie bei dem Verhandlungsteams eingesetzt werden, häufig noch vor Aufnahme der Verhandlungen eine Absichtserklärung („letter of intent“ – LOI“ oder auch „memorandum of understanding – MoU“) unterzeichnet. Ein solcher LOI regelt insbesondere:

  • die groben Eckdaten des zu verhandelnden Vertrages (insbesondere Vertragsgegenstand und Vergütung),
  • Ort und Zeitplan der Verhandlungen,
  • Übernahmen der Verhandlungskosten (im Regelfall trägt jede Partei ihre Kosten selbst),
  • das Verbot, während der Verhandlungen mit anderen Interessenten zu verhandeln,
  • eine Vertragsstrafe oder einen pauschalen Schadensersatz für den Fall, dass eine Partei ohne sachlich gerechtfertigten Grund die Verhandlungen einseitig abbricht oder für gescheitert erklärt (sog. „break-up fee“).

Ablauf der Verhandlung

Organisation

In organisatorischer Hinsicht empfiehlt sich folgender Ablauf (vgl. Heussen):

  • Begrüßung und Dank der Gegenseite,
  • Austausch der Visitenkarten,
  • Vorstellung der Teilnehmer (durch den jeweiligen Verhandlungsführer oder durch jeden Teilnehmer selbst),
  • Vereinbarung über die Beiziehung Dritter (z.B. Berater oder Fachleute),
  • Darlegung der eigenen Kompetenzen,
  • Abfrage der Kompetenzen der anderen Seite,
  • Vereinbarung zur Protokollführung (möglichst selbst übernehmen!),
  • Festlegung der Tagesordnung, des Zeitbedarfs (für jedes Thema!), des Zeitrahmens und Pausen
  • Vorschläge zur Organisation des Tages (insbesondere Essen und Abreise).

Verhandlungsstrategie

Das Harvard-Konzept stellt ein ideales strategisches Verhandlungsmodell dar.

Verhandlungstaktik

In taktischer Hinsicht sind jedoch noch weitere Aspekte zu berücksichtigen, insbesondere:

  • Interessen und Funktionen der einzelnen handelnden Personen,
  • Erkennen und Neutralisierung von Manipulationstechniken der Gegenseite.

Interessen und Funktionen der einzelnen handelnden Personen

Auch wenn die Gegenseite nach außen hin als monolithischer Block erscheint, üben die einzelnen Personen unterschiedliche Funktionen aus und verfolgen unterschiedliche Interessen. Bei jeder Vertragsverhandlung sind verschiedene Funktionen zu unterscheiden:

  • der Entscheider,
  • der Befürworter,
  • der Gegner,
  • der Finanzierer,
  • der Verhandlungsführer,
  • der Berater.

Diese Funktionen können, müssen aber nicht von verschiedenen Personen ausgeübt werden. Vielmehr kann eine Person z.B. gleichzeitig sowohl der Verhandlungsführer als auch der Befürworter (oder der Gegner?) sein.

Aus taktischer Sicht empfiehlt es sich, zunächst den Befürworter zu suchen, um

  • diesen für sich zu gewinnen,
  • ihn mit Informationen zu versorgen, die dem Abschluss des Vertrages dienen, damit er sich intern durchsetzen kann,
  • die Funktionen der anderen Personen zu erfahren, um sie entsprechend zu behandeln,
  • Informationen über die Art und Umfang eines möglichen Abschlusses zu erhalten.

Wichtig

Dem ersten Impuls, den Entscheider zu suchen, um mit diesem direkt den Vertrag zu verhandeln, sollte man unbedingt widerstehen. Der Entscheider wird nämlich regelmäßig zuerst alle seine Berater anhören und erst danach seine Entscheidung treffen. Eventuell ist der Entscheider gleichzeitig der Gegner und wird sich durch ein voreiliges Vorpreschen in seinem Urteil bestätigt sehen.

Bei gleichgestellten Parteien sollten die jeweiligen Entscheider nur untereinander verhandeln. Im Verhältnis zu anderen Personen sollten sie möglichst nicht auf einer Ebene verhandeln, um als Eskalationsstufe fungieren zu können!

In der Praxis ist es wichtig, unfaire Angriffe und Manipulationsversuche zu erkennen, um entsprechend darauf reagieren zu können. Beliebte Manipulationstechniken sind:

  • Blockieren, zum Beispiel
    • Antwort verweigern oder ausweichen
    • Etwas absichtlich missverstehen
    • Drohungen und Lügen
    • Persönliche Angriffe
    • (Zeit)druck erzeugen
  • Gespräch sabotieren, zum Beispiel
    • Der Manipulator provoziert den Gesprächsabbruch, schiebt die Schuld dafür aber der Gegenseite in die Schuhe
    • Gefühlsausbruch vorspielen
    • schlechtes Gewissen erzeugen
    • Erklärung verweigern
    • auf eigenem Standpunkt verharren
    • Fragen nicht beantworten, dafür eigene Sicht wiederholen
  • Schwarz-Weiss-Malerei
    • Reduzierung auf Entweder-oder-Entscheidungen
    • Als Gegenmaßnahme ist nachzufragen: „Sind noch weitere Möglichkeiten denkbar?“
  • Den Brunnen vergiften
    • Mit bestimmten Redewendungen soll ein Widerspruch von vorneherein unterdrückt werden, z.B.
      • „Es weiß doch jeder, dass …“
      • „Niemand wird bezweifeln, dass …“
      • „Alle sind sich einig, dass …“
    • Als Gegenmaßnahme könnte z.B. die Gegenfrage gestellt werden
      • „Was macht Sie da so sicher, dass …?“
  • Angriff auf die Person
    • Fairness und Objektivität werden in Frage gestellt mit dem Vorwurf versteckter eigennütziger Motive:
      • „Klar, dass Sie gegen diesen Vorschlag sind. Sie könnten ja weniger profitieren, wenn …“
    • Als Gegenmaßnahme sollte man den Kritikpunkt als irrelevant markieren und bewusst auf der Sachebene bleiben.
    • Auch bei persönlichen Angriffen gilt es, sich nicht vom roten Faden abbringen zu lassen.
    • Allerdings gilt auch: Nie leugnen, was nicht zu leugnen ist!
  • Appell an Emotionen oder populäre Gefühle
    • Gefühle und Emotionen sind wichtige Verbündete von Manipulatoren. Wer Emotionen zur Durchsetzung seiner Standpunkte nutzt, kann andere rasch aus dem Feld schlagen:
      • „Die da oben sind es immer, die Wein predigen aber Wasser trinken“
      • „Wir sitzen ja alle im selben Boot und leiden alle unter …“
      • „Wir sollten die Situation einmal vernünftig betrachten …“

Bei allen Manipulationstechniken existieren eine Fülle von Möglichkeiten, Gegenmaßnahmen durchzuführen:

  • Taktik ansprechen, sie beim Namen nennen.
  • Mit kritischen Fragen die Schwachpunkte bewusst machen.
  • Das Argument überhören.
    • Das Scheinargument des Gegners bewusst überhören und dort weiterfahren, wo man selber argumentiert hat.
  • Emotional geladene Situationen versachlichen.
    • „Was ist genau vorgefallen“
    • „Sie haben verschiedene Punkte gesagt. Welcher Punkt ist der wichtigste?“
  • „Die Schallplatte mit Sprung“ aufsetzen.
    • Man nimmt sich das Recht, immer wieder das zu sagen, was zum Thema gehört, selbst wenn der Partner immer wieder ablenkt und auf ein anderes Thema zu sprechen kommt.
    • Wenn bei einem Kritikgespräch der Kritisierte mit Vorwürfen oder mit geschickter Ablenkungstaktik das Gespräch umleitet, sollte man konsequent immer wieder auf den konkreten Kritikpunkt zurückkommen:
      • „Worauf es jetzt ankommt ist …“
      • „Nochmals, was mir wichtig ist …“
      • „Ich wiederhole …“
  • „Den Stier bei den Hörnern packen“,
    • Eine taugliche Abwehrstrategie bei Manipulationstechniken ist ebenfalls, dass Gespräch deutlich zu unterbrechen.
      • „Ich muss die Diskussion unterbrechen. Ich habe den Eindruck, dass es nicht mehr um die Sache geht, sondern um …“

Vertragsdurchführung

Die Vertragsdurchführung umfasst alle organisatorischen Maßnahmen und Verhaltensregeln, die nach Festlegung der Risikoverteilung im späteren Verlauf durch den Vertrag notwendig werden, um die durch die Planung vorgegebenen Ziele tatsächlich zu erreichen.

Vertragsunterzeichnung

Sie beginnt mit der Unterzeichnung des Vertragsdokumentes („execution“) durch den hierzu Berechtigten.

Wichtig

Bestehen Zweifel an der Berechtigung des Unterzeichners, ist eine Einsichtnahme im Handelsregister zu empfehlen!

In der Praxis kann es vorkommen, dass die Wirksamkeit des Vertrages noch von der Zustimmung eines höherrangigen Gremiums wie z.B. des Aufsichtsrats oder der Hauptversammlung einer AG (sog. „Gremiumsvorbehalt“) oder eines sonstigen Dritten abhängig gemacht wird. Der Vertrag ist damit trotz seiner Unterzeichnung bis zur Erteilung der Zustimmung schwebend unwirksam. Um Risiken der Verschlechterung während dieser Schwebephase zu minimieren, sehen diese Verträge häufig vor, dass der Vertrag nicht unmittelbar mit der Zustimmung wirksam wird, sondern erst ein neuer Termin festgesetzt wird, in dem die Gegenseite ihr Festhalten an dem Vertrag bestätigen muss (sog. „closing“).

Nach Inkrafttreten des Vertrages sind alle an der Leistungserbringung beteiligten Personen hierüber zu informieren (ggf. ist sogar eine Einweisung erforderlich); dies sind insbesondere

  • Produktion,
  • Vertrieb,
  • Finanzen,
  • Rechtsabteilung.

Das Original des Vertrages (einschl. zugehöriger Anlagen, Protokolle und sonstiger Unterlagen) sind an zentraler Stelle des Unternehmens (sog. „data room“) im Rahmen der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten (regelmäßig 6 Jahre) zu verwalten und aufzubewahren. Die anderen Beteiligten erhalten Abschriften (die ggf. in Teilen zu schwärzen sind, wenn diese Geschäftsgeheimnisse enthalten).

Leistungsstörungen

Bei der Durchführung des Vertrages kann es zu Leistungsstörungen kommen; mögliche Ursachen sind:

  • Der Vertrag ist unzulänglich oder ist nicht wirksam.
  • Der Vertrag ist nicht in Kraft.
  • Leistung/Gegenleistung sind nicht genau definiert/geändert.
  • Garantien und Haftungen sind unklar.
  • Abwicklungsmodalitäten sind unklar/nicht durchführbar.
  • Der Vertrag wird nicht beachtet oder erfüllt.
  • Spezifikationen werden nicht genau gelesen.
  • Milestones und Liefertermine werden nicht beachtet.
  • Kunde zahlt nicht bzw. nur mit starkem Verzug.
  • Mitwirkung von Kunden/Partnern wird nicht pünktlich erbracht.
  • Leistungsgarantien werden nicht erreicht.
  • Behinderung durch Dritte:
    • Import/Export-Behörden verweigern Genehmigungen.
    • Banken machen Schwierigkeiten bei der Auszahlung.
    • Versicherungen zahlen schlecht und erhöhen die Prämien.
    • Nicht vorgerechnete Steuern werden erhoben / die Anrechnung wird verweigert.
    • Partner sind nicht vertragstreu oder werden selbst behindert.
  • Selbstgemachte Schwierigkeiten:
    • Es fehlen die erforderlichen Arbeitsmittel.
    • Es herrscht Unordnung und die Mitarbeiter verlieren die Übersicht.
    • Wichtige anstehende Entscheidungen werden nicht getroffen.
    • Der hausinterne Informationsfluss klappt nicht.
    • Die Abläufe im eigenen Hause sind nicht koordiniert.
    • Es wird nicht an einem Strang gezogen.

Sofern solche Leistungsstörungen auftreten und sich diese nicht kurzerhand beheben lassen, ist der Vertragsmanager hierüber zu informieren. Dieser prüft zunächst, ob der Vertrag für diesen Fall eine Regelung vorsieht (z.B. ein Eskalationsverfahren bei mangelhafter Leistungserbringung oder ein bestimmtes Mahnverfahren bei Zahlungsverzug). Ist dies nicht der Fall, gilt die allgemeine Rechtslage (insbesondere können Rücktritts- und Schadensersatzansprüche und Kündigungsrechte bestehen).

Sollte man der Ansicht sein, dass weder die vertragliche noch die gesetzliche Regelung eine interessengerechte Lösung für den konkret eingetretenen Fall darstellt, sollte man das Gespräch mit der Gegenseite suchen und

  • den Vertrag neu verhandeln oder
  • ihn entsprechend anpassen (sog. „amendment“).

Vertragscontrolling

Das Vertragscontrolling ist die Prüfung und Bewertung, ob die Vertragsziele erreicht wurden und welche Differenzen es ggf. zwischen Ziel und Realität gegeben hat.

Wesentliches Werkzeug des Vertragscontrolling ist die Nachkalkulation. Deren Ziel ist es, Abweichungen zur Angebotskalkulation darzustellen und eine Kostenüberdeckung oder eine Kostenunterdeckung festzustellen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob und inwieweit die Risiken, die in dem Vertrag identifiziert, quantifiziert und verteilt wurden, tatsächlich eingetreten sind. Hieraus lassen sich auch Rückschlüsse für die Verhandlung aller neuen Verträge ziehen.

Wichtig

Ergibt dass Vertragscontrolling, dass die Ziele eines Dauerschuldverhältnisses nicht erreicht wurden (bzw. nicht mehr erreicht werden können) oder haben sich die Ziele zwischenzeitlich geändert), sollte der Vertrag gekündigt werden.

Literaturhinweise

  • Heussen, Handbuch Vertragsverhandlung und Vertragsmanagement: Planung, Verhandlung, Design und Durchführung von Verträgen
  • Fischer / Ury / Patton, Das Harvard-Konzept