Vorbemerkungen
Im Rahmen der Produktpolitik treffen Sie nun alle Entscheidungen, die die Art, Gestaltung und Menge Ihrer Waren oder Dienstleistung betreffen. Insoweit lassen sich drei Produktebenen unterscheiden.
- Das Kernprodukt weist einen klar definierten Kernnutzen auf.
- Das Regelprodukt umfasst den Kernnutzen, hat aber besondere Eigenschaften im Vergleich zum Kernprodukt, beispielsweise in Bezug auf Qualität, Verpackung, Design, Marke und Zusatznutzen.
- Unter den Begriff „erweitertes Produkt“ fallen besondere Leistungen (Zusatznutzen), die im Vergleich zum Regelprodukt zusätzlich angeboten werden, etwa Finanzierungsangebote, Kundendienst, Garantiezusagen, Lieferung, Installation, Wartung und Reparatur.
Wichtig
Ihr Kernprodukt mit seinem Nutzen haben Sie in Ihrem Businessplan im Kapitel „Geschäftsidee“ beschrieben. Nun geht es darum, seine zusätzlichen Eigenschaften und Ausprägungen im Einzelnen zu bestimmen.
Sortiment
Die Sortimentspolitik beschäftigt sich mit der Zusammenstellung des gesamten Produktangebots eines Unternehmens. Konkret geht es um die Frage, welche Anzahl und welche Art von Produkten optimal sind. Hier sind zwei Begriffe von Bedeutung:
- Die Sortimentsbreite bezeichnet die Anzahl verschiedenartiger Ausführungen einer Produktart, die in das Programm aufgenommen werden sollen.
- Die Sortimentstiefe informiert über die Anzahl der Varianten einer Produktart, die das Produktportfolio enthält. Unter einer Produktart wird eine Klasse von Produkten verstanden, die in erster Linie bezüglich des zu befriedigenden Bedürfnisses, aber auch bezüglich anderer Merkmale wie der angewendeten Fertigungstechnik, der Absatzwege oder der Kundengruppe eine gewisse Homogenität aufweist. Die Abgrenzung einer bestimmten Produktart richtet sich jeweils nach dem praktischen Zweck, den das Unternehmen mit seiner Einteilung verfolgt. Meist werden gewisse Synergieeffekte zwischen den Produkten einer Produktklasse erwartet.
Wichtig
Je tiefer Ihr Sortiment ist, desto mehr Varianten eines Produkts können Sie anbieten und damit verschiedene Zielgruppen ansprechen. Wenn Sie also eine Massenmarktstrategie verfolgen (siehe Kapitel 2.6.2.1.2), empfiehlt sich eine ausgeprägte Sortimentstiefe. Möchten Sie dagegen nur einzelne Marktsegmente bedienen, legen Sie mehr Wert auf eine ausgewogene Sortimentsbreite.
Design
Unter Design versteht man die äußere Gestalt des Produkts. Zu den Gestaltungsmitteln zählen vor allem Material, Form, Farbe und Zeichen, die zu einem in sich geschlossenen und auf die Lebensumwelt der Kunden abgestimmten Konzept vereint werden müssen. Zunächst geht es darum, das Produkt in funktionaler Hinsicht so zu gestalten, dass seine gebrauchstechnische Eignung für den Kunden gewährleistet ist. Dies betrifft insbesondere
- die technische Passform, zum Beispiel die Kompatibilität zu anderen Produkten,
- Anpassung an die Arbeitsbedingungen des Kunden (Ergonomie),
- eine einfache und sichere Handhabung,
- Transport- und Lagerfähigkeit.
Darüber hinaus kann das Design einen ästhetischen Genuss, soziale Anerkennung und emotionale Produkterlebnisse wie Luxus, Modernität und Behaglichkeit vermitteln und damit einen Zusatznutzen schaffen.
Wichtig
Die Ästhetik von Produkten ist bei Konsumgütern sehr häufig ein wichtiger Differenzierungsfaktor, um sich von den Wettbewerbern abzusetzen. Achten Sie daher darauf, dass das Design Ihres Produkts den geschmacklichen Anforderungen Ihrer Kunden genügt oder sogar stilbildend ist. Bedenken Sie jedoch, dass die Geschmäcker unterschiedlich sind und das Design spezifisch auf Ihre Zielgruppe zurechtgeschnitten sein muss.
Allerdings kann das Design Restriktionen unterliegen. Diese können sich beispielsweise ergeben aus
- den fertigungs- oder materialtechnischen Grenzen der Machbarkeit,
- Kostengesichtspunkten („zu teuer“),
- entgegenstehenden gewerblichen Schutzrechten Dritter, zum Beispiel geschütztes Design von Wettbewerbern,
- umweltpolitischen Vorgaben, etwa in Bezug auf Lärmentwicklung oder Energieverbrauch.
Qualität
Die Qualität umfasst alle Merkmale, die sich auf die Güte eines Produkts oder einer Dienstleistung beziehen. Berücksichtigen Sie bei der Festlegung der Qualitätsstufe berücksichtigen, dass Verbraucher unterschiedliche Anforderungen an die Qualität des Produkts stellen. Ebenso sind spezielle Qualitätsanforderungen des Handels, zum Beispiel bezüglich der Transport- und Lagerfähigkeit, zu beachten. Diese können objektiver Natur sein, also physikalisch oder chemisch nachweisbar, oder rein subjektiv (individuell).
In objektiver Hinsicht werden typischerweise gebrauchstechnische Komponenten als Qualitätsanforderung formuliert, zum Beispiel in Bezug auf
- Materialbeschaffenheit,
- Wirksamkeit,
- Verarbeitung,
- Haltbarkeit,
- Lebensdauer,
- Handhabung,
- Umweltverträglichkeit.
Achtung
Ein hoher Qualitätsstandard ist nicht immer vorteilhaft für den Anbieter. So führt beispielsweise die lange Haltbarkeit eines Produkts dazu, dass Ersatzkäufe erst später getätigt werden müssen. In bestimmten Fällen kann es daher aus wirtschaftlicher Hinsicht ratsam sein, die technische Qualität eines Produkts bewusst zu vermindern, um die Lebensdauer zu verkürzen (geplante Obsoleszenz). Entsprechend werden Wirtschaftsgüter mit einer kürzeren wirtschaftlichen Lebensdauer produziert, als dies unter den gegebenen technischen Bedingungen möglich wäre. Um dies zu bewirken, können beispielsweise
- Waren von schlechterer Qualität und Haltbarkeit hergestellt werden (eingebauter Verschleiß),
- mögliche Qualitäts- und Haltbarkeitsverbesserungen unterlassen werden,
- billigere Rohstoffe und Materialien verwendet werden (was im Übrigen auch zu einer Reduzierung der Produktionskosten führt).
Für den Kunden sind solche Maßnahmen häufig nicht unmittelbar erkennbar.
In subjektiver Hinsicht sind unterschiedliche Wirkungsebenen zu unterscheiden:
- Die ästhetischen Qualitätsanforderungen betreffen die individuellen Empfindungen der Kunden. Das Produkt soll seinen Geschmack treffen, also zum Beispiel angenehm, vertraut oder schrill erscheinen.
- Die sozialen Qualitätsanforderungen umfassen die Eignung einer Ware, gesellschaftliche Anerkennung zu vermitteln. Das Produkt muss dem Kunden insoweit Prestige und Akzeptanz versprechen, was wiederum von den Wertvorstellungen des Milieus, in dem er sich bewegt, sowie der nach außen hin bestehenden Erkennbarkeit des Produkts abhängt. Diese Qualitätskomponenten spielen insbesondere bei Produkten eine große Rolle, die starken Moden unterliegen, zum Beispiel Bekleidung, Accessoires und Gastronomie.
- Die politisch-gesellschaftliche Qualitätsanforderungen betreffen die politischen und sozialen Umstände der Produktion. Sie sind häufig Ausdruck von politischer und gesellschaftlicher Korrektheit und umfassen beispielsweise:
- faire Preise für Lieferanten („Fair Trade“),
- Zahlung gerechter Löhne (Mindestlohn),
- humane Arbeitsbedingungen (Einhaltung von Arbeitszeiten und Arbeitssicherheitsstandards),
- Verzicht auf Kinderarbeit,
- Unterlassen von Korruption.
Markierung
Dieser Teil der Produktpolitik betrifft alle Entscheidungen, die mit der Namensgebung und Kennzeichnung (Markierung) von Produkten im Zusammenhang stehen. Hiermit soll beim Kunden durch Identifikation und Wiedererkennung eine Angebotstreue erzeugt werden. Aus dieser entwickelt sich dann bei Zufriedenheit eine Markentreue, die die Einführung von weiteren Produkten unter dieser Marke vereinfacht. Der Kunde überträgt die individuellen positiven Eigenschaften des Produkts auf das Sortiment der ihm bekannten Marke.[8]
Als Marke kommen alle Zeichen in Betracht, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Hierzu zählen insbesondere:
- Wörter,
- Personennamen,
- Abbildungen, zum Beispiel Logos,
- Buchstaben,
- Zahlen,
- Hörzeichen, zum Beispiel Jingles,
- dreidimensionale Gestaltungen,
- Farben und Farbzusammenstellungen.
Wichtig
Sie können Ihre Marken rechtlich schützen lassen. Mit deren Registrierung beim Patentamt erwerben Sie ein Monopol hierauf und schützen sich damit vor Nachahmung durch Konkurrenten aus der eigenen Branche.
Der Markenname stellt das wichtigste Mittel der Markierung dar. Ist er prägnant, können die Konsumenten ein Produkt leicht identifizieren. Er sollte daher
- produkttypisch sein,
- positive Assoziationen hervorrufen,
- werbewirksam sein,
- einprägsam sein,
- unverwechselbar sein.
Prinzipiell sind folgende Markenarten zu unterscheiden:
- Herstellermarke, zum Beispiel Nestlé,
- Handelsmarke, zum Beispiel Medion,
- Gattungsmarke, zum Beispiel Ja,
- Einzelmarke, zum Beispiel Pampers,
- Markenfamilie, zum Beispiel Nivea,
- Produktmarke, zum Beispiel VW Golf,
- Firmenmarke, zum Beispiel Audi,
- Designermarke, zum Beispiel Chanel.
Markennamen lassen sich in zwei Gruppen unterteilen: Semantisch besetzte Namen sollen bestimmte Eigenschaften, etwa von einem Tier, auf das Produkt übertragen und damit positive Assoziationen wecken, zum Beispiel bei Jaguar. Hingegen sollen Kunstnamen auf phonetischer Ebene, also durch ihren Wohlklang, bestimmte Assoziationen hervorrufen.
Tipp
Denkbar ist auch der Verzicht auf einen Markennamen (No-Name-Produkte). Hierdurch spart man sich die Kosten für den Markenaufbau, insbesondere Werbekosten, und riskiert nicht seinen guten Ruf. Allerdings empfiehlt sich dies nur, wenn eine Kostenführerschaft angestrebt wird und es dem Endverbraucher gleichgültig ist, von welchem Hersteller er das Produkt erwirbt.
Die Markierung kann in drei Varianten erfolgen: horizontal, vertikal oder international. Die horizontale Markenstrategie beinhaltet die Markentypen und lässt sich folgendermaßen unterteilen:
- Bei der Einzelmarken-Strategie wird jedes Produkt im Sortiment als einzelne Marke aufgefasst. Diese Variante ist sehr teuer, da jedes Produkt ein individuelles Marketing erfordert. Jedoch werden keine Imageschäden auf andere Produkte des Unternehmens übertragen, da die einzelnen Produkte vom Konsumenten nicht miteinander in Verbindung gebracht werden.
- Die Mehrmarken-Strategie ist darauf ausgerichtet, Kunden mit gering ausgeprägter Markentreue zu bedienen. Durch die Einführung gleichartiger Produkte werden Barrieren für andere Anbieter geschaffen. Im Handel spricht man von einer Reservierung von Regalflächen, was gegen Neuprodukteinführungen der Konkurrenz schützen soll. Gefahr bei der Mehrmarken-Strategie ist der Kannibalisierungseffekt, durch den sich die gleichartigen Produkte eines Unternehmens gegenseitig vom Markt drängen.
- Bei der Markenfamilien-Strategie handelt es sich um die Einführung mehrerer Produkte unter einem Markennamen. Dieses Vorgehen ist nur dann sinnvoll, wenn die Einzelprodukte der gleichen Produktgruppe angehören. Der Vorteil besteht darin, dass sich durch Synergieeffekte die Einführung neuer Produkte unter der Markenfamilie vereinfacht und auch die Marketingkosten deutlich geringer ausfallen.
- Die Dachmarken-Strategie zeichnet sich durch eine einheitliche Führung des gesamten Sortiments unter dem Firmennamen aus. Sie ist wegen des produktübergreifenden Marketings relativ kostengünstig, allerdings werden Imageschäden schnell auf das gesamte Sortiment übertragen, da alle Produkte unter dem gleichen Namen vermarktet werden.
Bei der vertikalen Markierung wird zwischen Herstellermarken und Handelsmarken unterschieden:
- Bei den Herstellermarken legt der Hersteller selbst Zielgruppe, Markenimage, Verbreitungsgrad, Qualität und Preis fest.
- Die Handelsmarken haben typischerweise einen geringen Verbreitungsgrad, da sie meist nur innerhalb einer bestimmten Handelskette angeboten werden.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Hersteller- und Handelsmarken zeigt folgende Tabelle auf:
Bei der internationalen Markierung gibt es zwei grundlegende Ausrichtungen:
- Die multinationalen Strategien beruhen auf der individuellen Anpassung der Marke und des Marketings an lokale Gegebenheiten. Die länderspezifische Ausrichtung der Marke ermöglicht einen leichteren Markteintritt im Ausland.
- Bei einer globalen Strategie wird weder die Marke noch das Marketing an die lokalen Märkte angepasst. Sie basiert auf einer einheitlichen Strategie und Positionierung.
Wichtig
Welche internationale Markenstrategie sinnvoll ist, hängt stark von der jeweiligen Branche ab. So wird im technischen Bereich eher auf eine globale Strategie gesetzt, da die Produkte meist erklärungsbedürftig sind und eine Auflistung technischer Details nicht an länderspezifische Gegebenheiten angepasst werden muss. Im Konsumgütermarketing hingegen sind diese Anpassungen oftmals entscheidend für eine erfolgreiche Positionierung der Marke im Ausland getreu der Devise „andere Länder, andere Sitten“.
Verpackung
Der Begriff „Verpackungen“ beschreibt aus beliebigen Materialien hergestellte Produkte zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung oder zur Darbietung von Waren vom Rohstoff bis hin zum Endprodukt:
- Verkaufsverpackungen werden als eine Verkaufseinheit angeboten und fallen beim Endverbraucher an.
- Umverpackungen werden als zusätzliche Verpackungen zu den Verkaufsverpackungen verwendet.
- Serviceverpackungen sollen die Übergabe von Waren an den Endverbraucher ermöglichen oder unterstützen.
- Transportverpackungen erleichtern den Transport von Waren.
Die Gestaltung von Verpackungen muss verschiedene Anforderungen berücksichtigen, nämlich
- den Warentransport zwischen Hersteller und Handel,
- den Verkaufsvorgang im Handel sowie
- den Ge- und Verbrauch beim Konsumenten.
Es geht also darum, ein Produkt vertriebsgerecht und marktgerecht zu verpacken. Die Verpackung sollte nicht nur zweckgemäß und informativ sein, sondern den Kunden auch optisch ansprechen. Sie soll also
- den Transport ermöglichen,
- die Sicherheit beim Transport gewährleisten,
- die Waren vor Schäden bewahren,
- die Verkaufseinheiten für den Abverkauf portionieren,
- die Aufmerksamkeit des Kunden erregen,
- die Ware beschreiben,
- über die Ware informieren, zum Beispiel Pflichtangaben gemäß der Verpackungsverordnung enthalten,
- Verkäufe auslösen,
- Umwelt schonen.
Wichtig
Mit einer attraktiven Verkaufsverpackung können Sie Ihr Angebot deutlich von dem der Wettbewerber absetzen und sich damit einen Wettbewerbsvorteil beschaffen!
Kundendienst
Kunden erwarten immer häufiger einen kompletten Kundendienst, der sich nicht nur am Produkt selbst orientiert, sondern auch die Phase vor dem Kauf (pre-sales) und die nach dem Kauf (after-sales) einbezieht. Unternehmen entscheiden im Rahmen der Servicepolitik vor allem über die Bereitstellung folgender Zusatzleistungen:
- Beratung und Information beim Kauf,
- Finanzierungsangebote,
- Lieferung,
- Produktschulung,
- Installation und Montage,
- Bereitstellung von Ersatzteilen,
- Wartung und Reparatur,
- Entsorgung,
- Widerrufs- und Umtauschrechte,
- Garantiezusagen (Einräumung von Gewährleistungsansprüchen, die über den gesetzlichen Rahmen hinausgehen).
Wichtig
Mit der Bereitstellung von Kundendiensten können Sie sich häufig gegenüber der Konkurrenz hervorheben und damit einen klaren Wettbewerbsvorteil erzielen. Dies gilt insbesondere bei hochwertigen und technisch komplexen Produkten. Beachten Sie aber, dass hierfür hohe Kosten anfallen können, zum Beispiel Transport- und Personalkosten. Das müssen Sie dann bei Ihrer Preispolitik berücksichtigen.