Die Fusionskontrolle – auch Zusammenschlusskontrolle genannt – ist eine behördliche Kontrolle der Zusammenschlüsse von Unternehmen, um eine marktbeherrschenden Stellung von Unternehmen zu verhindern (vgl. hierzu §§ 38 – 45 GWB). Sie hat die Aufgabe eine Marktstruktur zu erhalten und so einen geregelten Wettbewerb zwischen Unternehmen zu ermöglichen.
Um einen Zusammenschluss (§ 38 GWB) handelt es sich bei
- der Verschmelzung von Unternehmen,
- der Spaltung von Unternehmen,
- der Vermögensübertragung auf ein anderes Unternehmen,
- dem Erwerb von Anteilen an einem anderen Unternehmen,
- der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen,
- dem Abschluss von Unternehmensverträgen,
- der personellen Verbindung von Unternehmen,
- der Begründung eines beherrschenden Einflusses auf ein anderes Unternehmen.
Deutsche Fusionskontrolle
Unternehmenszusammenschlüsse, die sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auswirken, unterliegen grundsätzlich der präventiven Kontrolle durch das Bundeskartellamt (BKartA). Voraussetzung dafür ist, dass es sich um einen Zusammenschluss i.S.v. § 37 GWB handelt und dieser in den Geltungsbereich der deutschen Fusionskontrolle gem. § 35 GWB fällt. Dies ist der Fall, wenn der Vorrang der EG-Fusionskontrolle nicht eingreift (§ 35 Abs. 3 GWB) und wenn an dem Zusammenschluss nur Unternehmen beteiligt sind, deren Umsätze gewisse Schwellenwerte überschreiten.
Kontrollpflicht
In der Fusionskontrolle nach dem GWB wird zwischen kontrollpflichtigen und nicht kontrollpflichtigen Zusammenschlüsse unterschieden:
Kontrollpflichtige Zusammenschlüsse sind solche Fusionen, bei denen die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss
- insgesamt weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Millionen Euro und
- mindestens ein beteiligtes Unternehmen im Inland Umsatzerlöse von mehr als 25 Millionen Euro erzielt haben.
Anmeldung
Die erfassten Unternehmen sind verpflichtet, ihre geplanten Zusammenschlüsse beim Bundeskartellamt anzumelden (§ 39 GWB).
Das Bundeskartellamt untersagt den Zusammenschluss von Unternehmen, wenn zu erwarten ist, dass hierdurch eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Die betroffenen Unternehmen können jedoch eine Untersagung vermeiden, wenn ihnen der Nachweis gelingt, dass durch den Zusammenschluss Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten, welche die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen.
Nicht kontrollpflichtige Zusammenschlüsse sind solche Fusionen, bei denen
- der Zusammenschluss keine Inlandsauswirkung hat oder
- die für kontrollpflichtige Zusammenschlüsse geltenden Umsatzschwellen nicht erreicht werden oder
- die sog. „de minimis-Klausel“ (§ 35 Abs. 2 Nr. 1 GWB) erfüllt ist, d.h., soweit sich ein Unternehmen, das im letzten Geschäftsjahr weltweit Umsatzerlöse von weniger als zehn Millionen Euro erzielt hat, mit einem anderen Unternehmen zusammenschließt, oder
- die Bagatellmarktklausel (§ 35 Abs. 2 Nr. 2 GWB) erfüllt ist, d.h., soweit ausschließlich ein Markt betroffen ist, auf dem
- seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und
- im letzten Kalenderjahr weniger als fünfzehn Millionen Euro umgesetzt wurden.
Nicht kontrollpflichtige Zusammenschlüsse müssen von den Unternehmen nicht angezeigt werden.
Aufgreifen
Die Kartellbehörde befasst sich von Amts wegen mit einem Zusammenschluss, wenn die Aufgreifkriterien
vorliegen, also
- Zusammenschluss stattfinden und
- die oben genannten Voraussetzungen des § 35 GWB erfüllt sind.
Sie untersagt den Zusammenschluss, wenn die Eingreifkriterien gegeben sind, nämlich die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschende Stellung (§ 36 GWB).
Bei der Begründung einer marktbeherrschenden Stellung besteht regelmäßig das Problem, das eine Prognose über die künftige Entwicklung des Marktes gestellt werden muss . Insoweit müssen die Strukturen vor und nach dem Zusammenschluss teilweise auf hypothetischer Grundlage miteinander verglichen werden. Erforderlich ist stets eine Gesamtschau aller Umstände. Dabei stehen gerade von politischer Seite dem Schutz des Wettbewerbs häufig Überlegungen zur Effizienz des Zusammenschlusses gegenüber (z.B. Kostenersparnis, Rettung von Arbeitsplätzen usw.).
Bei der Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung geht es um eine Offenhaltung der Märkte für Wettbewerb und den Zugang neuer Unternehmen. Deshalb kann auch einem marktbeherrschenden Unternehmen untersagt werden, im Wege des Zusammenschlusses seine Stellung weiter auszubauen. Nach der Rechtsprechung des BGH muss die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung nicht spürbar sein, weil ein marktbeherrschendes Unternehmen allgemein die Wettbewerbsverhältnisse stark lähmt und die Folgen der weiteren Expansion selten konkret spürbar sind; anderenfalls wäre der Tatbestand aber in den meisten Fällen nicht anwendbar.
Verfahren
Das Verfahren der Zusammenschlusskontrolle beginnt mit der Anmeldung eines Zusammenschlusses, nach der das BKartA in das sog. Vorprüfverfahren eintritt. Innerhalb einer Frist von einem Monat ab Eingang der vollständigen Anmeldeunterlagen wird geprüft, ob gegen den Zusammenschluss Bedenken bestehen.
Ist dies nicht der Fall, gibt das BKartA den Zusammenschluss frei.
Andernfalls muss es den beteiligten Unternehmen innerhalb des einen Monats mitteilen, dass es in das Hauptprüfverfahren eintreten wird (sog. Monatsbrief). Erfolgt innerhalb der Monatsfrist keine Mitteilung, gilt der Zusammenschluss mit Ablauf dieser Frist als freigegeben (§ 40 Abs. 1 GWB).
Im Hauptprüfverfahren entscheidet das BKartA über die Untersagung oder Freigabe des Zusammenschlusses.
Untersagt die Behörde den Zusammenschluss im Hauptprüfverfahren nicht innerhalb einer Frist von vier Monaten seit Eingang der vollständigen Anmeldung, gilt der Zusammenschluss wiederum als freigegeben (§ 40 Abs. 2 Satz 2 GWB).
Eine Freigabe kann auch mit Bedingungen und Auflagen versehen werden (§ 40 Abs. 3 GWB). Der Zusammenschluss wird hingegen untersagt, wenn von ihm zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es vor allem auf die Abgrenzung des sachlich, örtlich und zeitlich relevanten Marktes an. In Bezug auf die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung enthält das Gesetz widerlegbare Vermutungen (§ 19 Abs. 3 GWB).
Im Falle einer Untersagung bleibt dem Unternehmen nur der Weg über die Ministererlaubnis nach § 42 GWB, die der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie auf Antrag erteilt, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusammenschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
EU-Fusionskontrolle
Bei Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung gilt ein Vorrang der EU-Fusionskontrolle, welche unter die Zuständigkeit der Europäischen Kommission fällt.
Nach der Fusionskontrollverordnung (FKVO) liegt ein Zusammenschluss bei einer Fusion bisher voneinander unabhängiger Unternehmen und im Falle des Kontrollerwerbs vor (Art. 3 Abs. 1 FKVO). Des Weiteren müssen die Umsätze der beteiligten Unternehmen gewisse Schwellen überschreiten, die deutlich über den Schwellen des GWB liegen. Unabhängig von den Schwellenwerten ist allerdings einem Zusammenschlussvorhaben dann keine gemeinschaftsweite Bedeutung beizumessen, wenn die beteiligten Unternehmen jeweils mehr als 2/3 ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen („Zwei-Drittel-Klausel“; Art. 1 Abs. 2b FKVO). Es darf auch keine Verweisung an die Behörde eines Mitgliedsstaats vorliegen (Art. 9 Abs. 1, Abs. 3 und
Abs. 1b FKVO).
Vom Verfahren her ähnelt das europäische Fusionskontrollverfahren dem deutschen. Auch hier findet zunächst eine Vorprüfung und ggf. anschließend ein Hauptprüfverfahren statt. Inhaltlich wird ebenfalls zunächst der sachlich und räumlich relevante Markt festgelegt, um dann überprüfen zu können, ob der Zusammenschluss eine beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt begründet oder verstärkt. Anschließend wird geprüft, ob die beherrschende Stellung eine erhebliche Behinderung des Wettbewerbs zur Folge hat.