Fernabsatzverträge

19.01.2021 | Recht + Steuern

Nach der Legaldefinition in § 312c BGB sind Fernabsatzverträge solche Verträge, bei denen der Unternehmer und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.

Der Hauptanwendungsbereich für die Regelungen des Fernabsatzrechtes bezieht sich auf Geschäfte im Internet. Weitere Anwendungsbereiche sind insbesondere die Bestellungen nach Katalogen oder aufgrund von Werbeaktionen (z.B. durch Flyer oder Anzeigen in Zeitschriften).

Begriffe

Verbraucher / Unternehmer

Nach § 312c BGB sind für den Anwendungsbereich des Fernabsatzrechtes daher zunächst die Begriffe Verbraucher und Unternehmer zu klären:

  • Verbraucher ist gem. § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu nicht gewerblichen oder beruflichen Zwecken abschließt; Verbraucher ist somit auch jeder Gewerbetreibende oder Berufstätige, solange die bestellte Ware/ Dienstleistung einem nicht dem gewerblichen Zweck dient.
  • Unternehmer ist nach § 14 BGB jede natürliche/ juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

Fernabsatz

Der Vertragsschluss nach den §§ 312c ff BGB muss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande gekommen sein. Dies sind alle Kommunikationsmittel, die zum Abschluss eines Vertrages ohne gleichzeitige Anwesenheit der Vertragspartner eingesetzt werden.

In Betracht kommen hier insbesondere

  • E-Mail.
  • Telefonanrufe,
  • Briefe,
  • Katalogbestellungen,
  • Telefaxe,
  • Internet-Shops.

Informationspflichten

Allgemeine Informationen

Gemäß § 312c BGB müssen Unternehmer die Verbraucher bei der Vertragsanbahnung über Geschäftszweck und Identität des eigenen Unternehmens aufklären.

Sämtliche Angaben müssen dem Kunden vor Abgabe der Bestellung mitgeteilt werden. Spätestens bei der vollständigen Erfüllung (etwa der Lieferung der Waren) müssen diese in Textform vorliegen.

Wichtig

Eine E-Mail kann hierfür ausreichen, nicht jedoch die Möglichkeit des allgemeinen Downloads!

In jedem Angebot müssen folgende Angaben enthalten sein:

  • die vollständige Anschrift des Unternehmers (z.B. vollständiges Impressum in Internet),
  • die wesentlichen Merkmale der angebotenen Waren oder Dienstleistungen,
  • der Preis einschließlich aller Steuern, Versand- und Lieferkosten (hier einschlägig die Regelungen der PAngV),
  • das Bestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechtes nach §§ 355, 356 BGB,
  • Liefervorbehalte,
  • der Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrages (insbesondere bei Online-Auktionen),
  • die Gültigkeitsdauer befristeter Angebote

Hinweis

Ein amtliches Muster für die Widerrufsbelehrung ist unter beim Bundesjustizministerium unter www.bmj.de abrufbar.

Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr

Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), sind die Informationspflichte noch verschärft. So hat der Unternehmer gemäß § 312i Abs. 1BGB dem Kunden zusätzlich

  • angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann,
  • die vorgenannten Informationen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Bestellung klar und verständlich mitzuteilen,
  • den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen und
  • die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern

Weiterhin hat der Unternehmer die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist diese Pflicht nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Wichtig

Von diesen Vorschriften darf grundsätzlich nicht zum Nachteil des Verbrauchers oder Kunden abgewichen werden. Sie dürfen grundsätzlich auch nicht durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden (§ 312k Abs. 1 BGB).

Der Unternehmer trägt gegenüber dem Verbraucher die Beweislast für die Erfüllung dieser Informationspflichten (§ 312k Abs. 2 BGB).

Widerruf

Die Rechte des Verbrauchers bezüglich des Widerrufs finden sich in den §§ 312g ff und 355 ff BGB.

Widerrufsrecht

Dem Verbraucher steht nach § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu. Der Verbraucher kann danach den Vertrag innerhalb von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen widerrufen.

Insoweit ist es für den Widerruf ausreichend, wenn sich aus der Erklärung des Verbrauchers sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags ergibt. Er muss seine Erklärung daher nicht ausdrücklich als Widerruf bezeichnen.

Der Unternehmer kann dem Verbraucher die Möglichkeit einräumen, das Widerrufsformular auf der Webseite des Unternehmers auszufüllen und zu übermitteln.

Die Widerrufsfrist beginnt, wenn der Kunde über sein Widerrufsrecht belehrt wurde und/oder die Ware/Dienstleistung erhalten hat. Die Frist ist bei rechtzeitiger Absendung gewahrt, auf den Zeitpunkt des Zuganges kommt es insoweit nicht an.

Wichtig

Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher über das Bestehen des Widerrufrechts  unterrichtet hat.

Das Widerrufsrecht erlischt jedoch spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss.

Rechtsfolgen des Widerrufs

Nachdem der Widerruf erklärt wurde, sind die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren (§ 357 BGB).

Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die empfangenen Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen.

Bei einem Verbrauchsgüterkauf kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat.

Grundsätzlich hat der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen.

Wichtig

Dies gilt jedoch nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher von dieser Pflicht unterrichtet hat!

Ausschluss des Widerrufs

Ausgeschlossen ist der Widerruf gemäß § 312g Abs. 2 BGB insbesondere bei

  • Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind,
  • Verträgen zur Lieferung von Waren, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde,
  • Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
  • Verträgen zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden,
  • Verträgen zur Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat,
  • Verträgen zur Lieferung von Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde,
  • Verträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierten mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen,
  • Verträgen zur Lieferung von Waren oder zur Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können, insbesondere Dienstleistungen im Zusammenhang mit Aktien, mit Anteilen an offenen Investmentvermögen und mit anderen handelbaren Wertpapieren, Devisen, Derivaten oder Geldmarktinstrumenten,
  • Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen
    • Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken,
    • Beförderung von Waren,
    • Kraftfahrzeugvermietung,
    • Lieferung von Speisen und Getränken sowie
    • zur Erbringung weiterer Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht,
  • Verträgen, die im Rahmen einer Vermarktungsform geschlossen werden, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist (öffentlich zugängliche Versteigerung),
  • Verträgen, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; dies gilt nicht hinsichtlich weiterer bei dem Besuch erbrachter Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder hinsichtlich solcher bei dem Besuch gelieferter Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden,
  • Verträgen zur Erbringung von Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde, und
  • notariell beurkundeten Verträgen; dies gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen nur, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Verbrauchers aus § 312d Absatz 2 gewahrt sind.