Deliktsrecht

19.01.2021 | Recht + Steuern

Das Deliktsrecht bezeichnet ein Rechtsgebiet, welches sich mit den Rechtsfolgen unerlaubter Handlungen beschäftigt.

Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung ist die Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz, also wann und in welcher Weise jemand einem anderen gegenüber zum Ersatz eines Schadens verpflichtet ist.

Unerlaubte Handlung

§ 823 Abs. 1 BGB bestimmt, dass derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Für diesen Schadensersatzanspruch müssen die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

Rechtsgutverletzung

Zunächst muss eine Verletzung der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter gegeben sein. Diese Schutzobjekte sind:

  • Leben,
  • Körper,
  • Freiheit,
  • Eigentum,
  • sonstige Rechte (z.B. allgemeines Persönlichkeitsrecht oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb).

Verhalten des Schädigers

Die tatbestandsmäßige Handlung ist stets an eine menschliche Handlung geknüpft. Erforderlich ist also ein Verhalten, das vom menschlichen Willen beherrscht sein . Dies ist zum Beispiel nicht gegeben bei

  • Handlungen durch psychischen Zwang,
  • bei unwillkürlichen Reflexen,
  • Verhalten von Tieren (allerdings gilt insoweit eine eigene Tierhalterhaftung gemäß § 833 BGB).

Regelmäßig erfordert eine tatbestandsmäßige Handlung ein Verhalten durch aktives Tun. Allerdings kommt eine tatbestandsmäßige Handlung auch dann in Betracht, nur wenn eine Rechtspflicht zum Handeln besteht (z.B. Rettungspflicht bei vorausgehender Schädigung).

Kausalität und Zurechenbarkeit

Erforderlich ist eine Kausalität zwischen Handlung und Verletzung im Sinne der Äquivalenztheorie und der Adäquanztheorie. Insoweit gelten die zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht dargelegten Grundsätze.

Rechtswidrigkeit

Weiterhin verlangt § 823 Abs. 1 BGB eine „widerrechtliche“ Verletzung.

Eine tatbestandsmäßige Handlung ist regelmäßig rechtswidrig, es sei denn, dass Rechtfertigungsgründe eingreifen. Rechtfertigungsgründe sind:

  • Rechtfertigende Einwilligung des Verletzten (z.B.: Arzt nimmt mit Einverständnis des Patienten Blut ab),
  • Notwehr und Notstand (z.B.: eine angegriffene Person verteidigt sich gegen den Angreifer und verletzt diesen dabei).

Verschulden

Schließlich ist die subjektiven Vorwerfbarkeit des eingetretenen Erfolgs (Schadens), also das Verschulden des Schädigers zu prüfen.

Verschulden liegt gemäß § 276 BGB vor, wenn dem Täter

  • ein Vorsatz (Wollen und Wissen der Tat) oder
  • Fahrlässigkeit (Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt) vorgeworfen werden kann.

Nach § 827 BGB ist jedoch die Schuldfähigkeit ausgeschlossen bei fehlendem Bewusstsein, Ausschluss der freien Willensbestimmung oder krankhafter Störung der Geistestätigkeit.

Nach § 827 BGB ist die Schuldfähigkeit gemindert und auf Fahrlässigkeit reduziert, wenn die Störung der Geistestätigkeit vorübergehend ist und z.B. auf  Alkohol oder Drogen zurück zu führen ist, es sei denn, die Person ist unverschuldet in diesen Zustand geraten.

Nach § 828 BGB ausgeschlossen,  bei Kindern unter sieben Jahren, bei Kindern unter zehn Jahren, soweit sie nicht vorsätzlich handeln, und bei Jugendlichen unter achtzehn soweit ihnen die Einsichtsfähigkeit fehlt.

Verstoß gegen ein Schutzgesetz

§ 823 Abs. 2 BGB beinhaltet gegenüber § 823 Abs. 1 BGB einen selbständigen Schadensersatzanspruch für den Fall, dass jemand gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt.

Dieser Anspruch setzt zunächst die Verletzung des Tatbestandes eines Schutzgesetzes voraus. Dies sind alle Bestimmungen im Range einer Rechtsnorm, die ein bestimmtes Verhalten gebieten oder verbieten, um damit einzelne Personen oder einen Kreis bestimmter Personen in ihren rechtlich anerkannten Interessen zu schützen. Es muss also dabei neben dem Allgemeinschutz ein gewisser Individualschutz bestehen (z.B. StGB, UWG, UrhG etc.; nicht jedoch z.B. ein Halteverbot in einer Baustelle).

Weiterhin bedarf es der Kausalität und der Zurechnung zwischen dem Gesetzesverstoß und dem eingetretenen Schaden.

Ebenso muss er rechtswidrig sein. Es dürfen also keine Rechtfertigungsgründe (Einwilligung des Betroffenen, Notwehr oder Notstand) eingreifen.

Schließlich muss auch für den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB Verschulden (also Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Verletzers vorliegen. Dies gilt selbst dann, wenn das Schutzgesetz selbst kein Verschulden voraussetzt (§ 823 Abs. 2 S. 2 BGB).

Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung

Aus § 826 BGB ergibt sich ein Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung.

Voraussetzung hierfür ist zunächst eine sittenwidrige Handlung. Sittenwidrig nach § 138 BGB handelt, wer gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Bei § 826 BGB muss dabei eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens hinzutreten. Typische Fallgruppen sind insoweit zum Beispiel

  • arglistiges Verhalten zwecks Abschluss eines Vertrages,
  • Verleiten zum Vertragsbruch,
  • Erteilung wissentlich falscher Auskünfte,
  • grob leichtfertiges gewissenloses Verhalten.

Schließlich muss der Täter vorsätzlich gehandelt haben. Fahrlässigkeit reicht bei dem Anspruch aus § 826 BGB als Verschuldensmaßstab nicht aus.

Rechtsfolgen

Rechtsfolge der vorgenannten Anspruchsgrundlage ist eine Schadensersatzanspruch des Verletzten gegenüber dem Täter. In soweit ist der durch die Rechtsverletzung kausal und zurechenbar entstandene Schaden nach Maßgabe der §§ 249 ff und § 842 ff BGB zu ersetzen.

Für die Berechnung der Schadenshöhe kann zunächst auf die im allgemeinen Leistungsstörungsrecht dargelegten Grundsätze zurückgegriffen werden. Dies gilt insbesondere für

  • die Ermittlung der nach den ersatzfähigen Schadenspositionen (z.B. Reparaturkosten, merkantiler Minderwert, entgangener Gewinn, Schmerzensgeld) sowie
  • die Kausalität zwischen Verletzung und Schaden (haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität).

Dabei ist ggf. ein Mitverschulden des Verletzten gemäß § 254, § 846 BGB zu berücksichtigen. Soweit nämlich dem Geschädigten ein Mitverschulden zur Last zu legen ist, hängt der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes von dem jeweiligen Anteil des Verschuldens der Beteiligen ab (Quotenermittlung).

Darüber hinaus regeln die §§ 842 ff BGB noch weitere Ansprüche. Danach gilt:

  • Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt (§ 842 BGB).
  • Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten (§ 843 Ab. 1 BGB). Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 843 Ab. 3 BGB).
  • Im Falle der Tötung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung einer Geldrente Ersatz zu leisten (§ 845 BGB).
  • Wer zur Rückgabe einer Sache verpflichtet ist, die er einem anderen durch eine unerlaubte Handlung entzogen hat, ist auch für den zufälligen Untergang, eine aus einem anderen Grunde eintretende zufällige Unmöglichkeit der Herausgabe oder eine zufällige Verschlechterung der Sache verantwortlich, es sei denn, dass der Untergang, die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe oder die Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde (§ 848 BGB).
  • Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird (§ 849 BGB).
  • Macht der zur Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichtete Verwendungen auf die Sache, so stehen ihm dem Verletzten gegenüber die Rechte zu, die der Besitzer dem Eigentümer gegenüber wegen Verwendungen hat (§ 850 BGB). Leistet er jedoch an denjenigen, in dessen Besitz sich die Sache zur Zeit der Entziehung oder der Beschädigung befunden hat, so wird er durch die Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigentümer der Sache war oder ein sonstiges Recht an der Sache hatte, es sei denn, dass ihm das Recht des Dritten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist (§ 851 BGB).
  • Hat der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt jedoch in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 BGB).
  • Erlangt jemand durch eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten, so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf Aufhebung der Forderung verjährt ist (§ 853 BGB).