Darlehen

14.01.2021 | Recht + Steuern

Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darlehensgeber, den vereinbarten Geldbetrag an den Darlehensnehmer auszuzahlen. Der Darlehensnehmer verpflichtet sich, den vereinbarten Zins zu zahlen sowie das Darlehen nach Ablauf der Vertragslaufzeit zurückzuzahlen (§ 488 Abs. 1 S. 1, 2 BGB).

Ein unverzinsliches Darlehen fällt unter §§ 488 ff. BGB, wohingegen das seltene Sachdarlehen in § 607 ff. BGB geregelt ist.

Nichtigkeit eines Darlehensvertrages

Zu beachten ist  das wucherische Darlehen, das gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Eine Sittenwidrigkeit des Darlehens ist dann anzunehmen, wenn der vereinbarte Zins den marktüblichen Zins entweder relativ um 100 % oder absolut um 12 % übersteigt.

Beachte

Allein die Vermögenslosigkeit des Darlehensnehmers macht hingegen einen Darlehensvertrag noch nicht nichtig!

Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages bewirkt nicht, dass der Darlehensnehmer die Kreditsumme behalten darf. Er muss diese erst nach Ablauf der in Aussicht genommenen Vertragslaufzeit nach den Regelungen der ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB zurückzahlen.

Allerdings kann er sich hinsichtlich der Darlehenssumme nicht auf § 818 Abs. 3 BGB (sog. Entreicherung) berufen, da er ja immer wusste, dass er die Summe irgendwann würde zurückerstatten müssen.

Dagegen hat der Darlehensgeber keinen Anspruch auf die vereinbarten Zinsen, sondern nur auf die marktüblichen („Nutzungen“ i. S. d. § 818 Ans. 1 BGB). Ist das Darlehen wegen § 138 Abs. 1 BGB nichtig, dann hat der Kreditgeber wegen § 817 S. 2 BGB gar keinen Zinsanspruch.

Beendigung des Darlehens

Befristete Darlehen

Haben die Parteien eine Darlehenslaufzeit vereinbart (Befristungsabrede), ist grundsätzlich die ordentliche Kündigung für beide Seiten ausgeschlossen.

Nur der Darlehensnehmer kann ordentlich in den in § 489 BGB geregelten Sonderfällen kündigen. Soll ein darüber hinausgehendes ordentliches Kündigungsrecht, etwa zugunsten des Darlehensgebers, vereinbart werden, bedarf das einer (grundsätzlich zulässigen) vertraglichen Vereinbarung.

Nach § 489 BGB besteht eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers immer bei Darlehensverträgen mit variablem Zinssatz. Diesen kann der Darlehensnehmer jederzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen (§ 489 Abs. 2 BGB)

Ein Darlehensvertrag mit Festzinsabrede („gebundener Sollzinssatz“) kann nach § 489 Abs. 1 BGB hingegen nur nach Verstreichen einer festgelegten Laufzeitdauer ordentlich gekündigt werden, insbesondere grundsätzlich nach Ablauf von zehn Jahren ab Erhalt der Darlehenssumme (jederzeit) unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Die Kündigungsrechte nach § 489 Abs. 4 BGB sind vertraglich nicht abdingbar.

Beachte

Eine Kündigung des Darlehensnehmers gilt als nicht erfolgt, wenn er den geschuldeten Betrag nicht binnen zwei Wochen nach Wirksamwerden der Kündigung zurückzahlt.

Unbefristetes Darlehen

Fehlt es dagegen an einer Laufzeitbestimmung, ist beiden Parteien die ordentliche Kündigung ohne weitere Voraussetzungen möglich.

Die Rückerstattung des Darlehens wird mit Kündigung des Darlehensvertrags durch eine der beiden Vertragsparteien fällig.

§ 488 Abs. 3 S. 2 BGB statuiert dafür eine ordentliche Kündigungsfrist von drei Monaten. Diese Frist dient bei der Kündigung durch den Darlehensgeber dazu, dass der Darlehensnehmer hinreichend Zeit hat, den rückzahlbaren Geldbetrag aufzubringen.

Im Falle der Kündigung durch den Darlehensnehmer kann dieser über die künftige Verwendung der Darlehenssumme disponieren und sich auf den Entfall der Zinseinkünfte einstellen.

Außerordentliche Kündigung

Sowohl auf Fälle der vereinbarten Laufzeitdauer als auch auf Darlehen ohne Befristungsabrede sieht § 490 Abs. 1 BGB ein außerordentliches fristloses Kündigungsrecht des Darlehensgebers vor, wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückerstattung des Darlehens bzw. die Verwertung der Sicherheit gefährdet wird. Dies trägt dem Interesse des Darlehensgebers an der Sicherung der Rückzahlung Rechnung.

Vor Auszahlung des Darlehens ist dieses Kündigungsrecht in den genannten Fällen – vorbehaltlich einer anderen vertraglichen Regelung – im Zweifel stets, nach der Auszahlung „in der Regel“ gegeben (§ 490 Abs. 1 BGB).

§ 490 Abs. 2 BGB bezieht sich auf Darlehen mit festem Zinssatz und festgelegter Laufzeit, die durch Grund- oder Schiffspfandrechte gesichert sind. Hier kann der Darlehensnehmer außerordentlich fristgebunden kündigen, wenn er die zur Sicherung des Darlehens belastete Sache z. B. verwerten will oder seine „berechtigten Interessen“ dies aus anderen Gründen gebieten. § 490 Abs. 2 S. 2 BGB gewährt dem Darlehensgeber als Ausgleich dann Anspruch auf Ersatz des Vorfälligkeitsschadens, insbesondere in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der entgangenen Zinsen.

Nach § 490 Abs. 3 BGB ist die außerordentliche Kündigung darüber hinaus „aus wichtigem Grund“ gemäß § 314 BGB möglich – insbesondere z. B. wegen gravierender Pflichtverletzungen einer Partei. So ist eine außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB regelmäßig möglich, wenn der Darlehensnehmer mit einer geschuldeten Rückzahlungspflicht in einzelnen Raten in Verzug kommt. Durch die Kündigung löst der Darlehensgeber dann die Rückzahlungspflicht gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB hinsichtlich der gesamten Darlehenssumme aus.

Sonderfall: Verbraucherdarlehensvertrag

Besonderheiten gelten für das sog. Verbraucherdarlehen gem. §§ 491 ff. BGB, die sich aus der Verbindung eines Verbraucherkaufvertrages mit einer Kreditgewährung ergeben (sog. verbundenes Geschäft (vgl. §§ 358, 359 BGB).

Ein Verbraucherdarlehensvertrag liegt vor, wenn ein Unternehmer einem Verbraucher entgeltlich, d. h. gegen Zinsen, Geld zur Verfügung stellt.

Verbraucherschutzvorschriften

Neben bestimmten Formvorschriften (Schriftform gemäß §§ 492 ff. BGB) gilt hier ein Widerrufsrecht zugunsten des Verbrauchers (§§ 495 Abs. 1, 355 BGB). Zu beachten sind insbesondere:

  • Vorvertragliche Informationspflichten (§ 491a BGB).
  • Schriftformgebot und Regelungen zum Mindestinhalt des Vertrags (§ 492 Abs. 1 und 2 BGB) einschließlich Rechtsfolgenbestimmungen bei Verstößen (§ 494 BGB).
  • Anspruch auf Überlassung einer Vertragsausfertigung (§ 492 Abs. 3 BGB).
  • Textformgebot für Erklärungen des Darlehensgebers gegenüber dem Darlehensnehmer nach Vertragsabschluss (§ 492 Abs. 5 BGB).
  • Eigenständiges Widerrufsrecht (§ 495 BGB i. V. m. § 355 BGB),
  • Wechselseitige Erstreckung der Rechtsfolgen eines Widerrufs auf den Vertrag, der mit dem vom Widerruf unmittelbar erfassten Vertrag verbunden ist (§ 358 BGB).
  • Einwendungserstreckung bei verbundenen Verträgen (§ 359 BGB).
  • Regelungen zum Verbot eines vertraglichen Einwendungsverzichts sowie zum Wechsel- und Scheckverbot (§ 496 BGB).
  • Behandlung der Verzugszinsen, Anrechnung von Teilleistungen (§ 497 BGB).
  • Verschärfte Anforderungen an den Rücktritt (vom Kauf- oder Werkvertrag) bei Zahlungsverzug des Verbrauchers (§ 498 BGB).
  • Sonderregelungen zur Kündigung (§§ 499, 500 BGB).
  • Regelungen zu Kostenermäßigung und Vorfälligkeitsentschädigung (§§ 501, 502 BGB).

Obwohl begrifflich erfasst, schließt § 491 Abs. 2 BGB mangels Schutzbedürftigkeit solche Darlehensverträge von den besonderen Verbraucherschutzbestimmungen aus,

  • bei denen das auszuzahlende Darlehen (Nettodarlehensbetrag) 200 € nicht übersteigt (Nr. 1),
  • bei denen sich die Haftung des Darlehensnehmers auf eine dem Darlehensgeber zum Pfand übergebene Sache beschränkt (Nr. 2)
  • bei denen der Darlehensnehmer das Darlehen innerhalb von drei Monaten zurückzuzahlen hat und nur geringe Kosten vereinbart sind (Nr. 3),
  • die von Arbeitgebern exklusiv mit ihren Arbeitnehmern als Nebenleistung zum Arbeitsvertrag zu einem niedrigeren als dem marktüblichen Zins abgeschlossen werden (Nr. 4),
  • die nur mit einem eingegrenzten Personenkreis auf Grund von Rechtsvorschriften in öffentlichem Interesse zu günstigeren Bedingungen als marktüblich abgeschlossen werden (Nr. 5) (z.B. KfW-Darlehen).

Verbundene Verträge

Hat der Verbraucher zwei Verträge, d. h. einen Vertrag über die Lieferung einer Ware und einen weiteren Vertrag über die Finanzierung der Warenlieferung abgeschlossen, gelten die §§ 358, 359 BGB, wenn diese Verträge miteinander verbunden sind. Dies ist nach § 358 Abs. 3 BGB der Fall, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn Verkäufer und Darlehensgeber i. S. d. § 358 Abs. 3 S. 2 BGB miteinander zusammenarbeiten.

Beispiel

A erwirbt im Elektronikmarkt M einen Digitalfernseher auf Kredit. Der Kredit wird   von der B-Bank gestellt. Dabei bedient sich die M für die Kreditgewährung   routinemäßig Formularen der B-Bank und führt für diese die Bonitätsprüfung durch. In diesem Fall ist der Verbraucher gem. § 358 Abs. 1 BGB bei einem wirksamen Widerruf   des Kaufvertrages auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden.

Im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages gilt gemäß § 358 Abs. 2 BGB, dass der Verbraucher auch nicht mehr an den Kaufvertrag (oder Vertrag über die Erbringung einer sonstigen Dienstleistung) gebunden ist. Dies hat den Zweck, die Rückabwicklung für den Verbraucher zu erleichtern.

Wichtig

Hat der Darlehensgeber (also i. d. R. die Bank) zum Zeitpunkt des Zugangs des Widerrufs (Beachte: Unterschied zu § 355 Abs. 1 S. 5 BGB) das Darlehen schon komplett an den Unternehmer ausgezahlt, so erfolgt die komplette Rückabwicklung sowohl des Darlehens als auch des verbundenen Vertrages mit dem Unternehmer gem. § 358 Abs. 4 S. 5 BGB über den Darlehensgeber!

Der Darlehensgeber hat in diesem Fall einen Anspruch gegen den Verkäufer auf Rückzahlung der bereits ausgezahlten Darlehensvaluta.

Im Übrigen kann der Verbraucher im Falle von Einwendungen aus dem verbundenen Vertrag gem. § 359 BGB auch die Rückzahlung des Darlehens verweigern (sog. Einwendungsdurchgriff). § 359 BGB beinhaltet insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht (Einrede).

Unter Umständen kann der Verbraucher im Falle des Einwendungsdurchgriffs nach § 359 BGB auch die Rückzahlung der bereits geleisteten Raten vom Darlehensgeber verlangen:

  • Ist der finanzierte Kaufvertrag von Anfang an nichtig gewesen (z. B. wegen § 138 BGB) oder mit ex-tunc-Wirkung angefochten, so steht dem Verbraucher gegen den Darlehensgeber ein Bereicherungsanspruch gem. § 813 Abs. 1 S. 1 BGB zu, da dem Darlehensvertrag von Anfang an die Einrede des § 359 BGB entgegenstand.
  • Beruht der Einwendungsdurchgriff dagegen auf Mängelrechten des Käufers (Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz), so ist kein Anspruch aus § 813 Abs. 1 S. 1 BGB gegeben, da diese Vorschrift ein Bestehen der Einrede bereits zum Zeitpunkt der Leistung voraussetzt was bei den Mängelrechten jedoch regelmäßig nicht der Fall ist, da diese erst nachträglich entstehen.

Kündigung

Mit dem Anliegen des Verbraucherschutzes erfahren auch die Kündigungsvorschriften erhebliche Modifikationen.

Das allgemeine Prinzip, dass bei einem befristet gewährten Darlehen mit fester Laufzeitvereinbarung grundsätzlich keine ordentliche Kündigung möglich ist (§ 489 BGB), wird durch § 499 Abs. 1 Alt. 1 BGB bei Verbraucherdarlehen zu einseitig zwingendem Recht verstärkt. Danach ist nämlich eine Vereinbarung über ein Kündigungsrecht des Darlehensgebers stets unwirksam, wenn eine bestimmte Vertragslaufzeit vereinbart wurde.

Fehlt es hingegen an einer Laufzeitvereinbarung, kann für die – dann mögliche – ordentliche Kündigung des Darlehensgebers keine kürzere Kündigungsfrist als zwei Monate vereinbart werden (§ 499 Abs. 1 Alt. 2 BGB). Der Darlehensnehmer soll dadurch wenigstens hinreichend Zeit haben, um sich auf die Beendigung des Darlehensvertrags einzustellen.

Darüber hinaus kann – abweichend von den allgemeinen Vorschriften zur Kündigung des Gelddarlehens – der Darlehensgeber gemäß § 498 BGB den Verbraucherdarlehensvertrag auch im Falle des Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers nur kündigen, wenn eine hohe Zumutbarkeitsschwelle überschritten ist. Im Einzelnen muss (kumulativ)

  • der Darlehensnehmer mit mindestens zwei aufeinander folgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise in Verzug sein. Der Zahlungsrückstand muss dabei mindestens 10 Prozent, bei einer Laufzeit des Vertrags von mehr als drei Jahren mindestens 5 Prozent des Nennbetrags des Darlehens ausmachen und
  • der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer erfolglos eine zweiwöchige Frist zur Zahlung des rückständigen Betrags mit der Erklärung gesetzt haben, dass er bei Nichtzahlung innerhalb der Frist die gesamte Restschuld verlange.