Blue Ocean Strategy

06.11.2020 | Geschäftsidee + Geschäftsmodell

Ein beliebtes Konzept für das Kreieren neuer Geschäftsmodell ist die Blue-Ocean-Strategy[1], die W. Chan Kim und Renée Mauborgne auf Grundlage empirischer Studien entwickelt haben. Der Begriff „Ozean“ steht in diesem Zusammenhang für einen Markt oder Industriezweig:

  • Als „Blaue Ozeane“ (Blue Oceans) werden unberührte Märkte bezeichnet, die wenig bis gar keinen Wettbewerb aufweisen.
  • „Rote Ozeane“ (Red Oceans) sind dagegen gesättigte Märkte, in denen alle die gleichen Produkte anbieten und die daher durch harte Konkurrenz charakterisiert sind.

Diese Strategie basiert auf der Idee, dass sich erfolgreiche Unternehmen nicht am Wettbewerb orientieren, sondern eigene Wege suchen sollen. Erforderlich sind dazu Innovationen, durch die sich entweder neue Märkte erschließen lassen oder durch die in bestehenden Märkten die Nachfrage gesteigert werden kann, da die bisherigen Wettbewerber die neuen Eigenschaften (noch) nicht bieten. Erfolgreiche Innovationen beruhen meistens nicht auf technologischen Neuerungen, sondern vielmehr auf einer neuartigen Gestaltung des Gesamtangebots. Der Schwerpunkt bei diesem Ansatz liegt daher auf der Neudefinition des Marktes oder der Konsumenten.

Gehe dahin, wo Gewinne und Wachstum sind – und nicht der Wettbewerb.” (W. Chan Kim / Renée Mauborgne)

Die Konkurrenz lässt sich nur auf eine Weise schlagen: Indem man aufhört, es zu versuchen.” (W. Chan Kim / Renée Mauborgne)

Die beiden Ozean-Strategien sind durch folgende Kennzeichen charakterisiert:

Red-Ocean-StrategieBlue-Ocean-Strategie
Wettbewerb im vorhandenen MarktSchaffung neuer Märkte
Die Konkurrenz schlagenDer Konkurrenz ausweichen
Die existierende Nachfrage nutzenNeue Nachfrage erschließen
Direkter Zusammenhang zwischen Nutzen und KostenAushebeln des direkten Zusammenhangs zwischen Nutzen und Kosten
Ausrichtung des Gesamtsystems der Unternehmensaktivitäten an der strategischen Entscheidung für Differenzierung oder niedrige KostenAusrichtung des Gesamtsystems der Unternehmensaktivität auf Differenzierung und niedrige Kosten

Value-Innovation

Grundstein der Blue-Ocean-Strategy ist die sogenannte Nutzeninnovation (value innovation). Gemeint ist damit das gleichzeitige Streben nach Differenzierung und niedrigen Kosten. Die Nutzeninnovation konzentriert sich darauf, einen sprunghaften Anstieg des Produktnutzens sowohl für die Käufer als auch für das Unternehmen zu schaffen, um damit neue und unbestrittene Märkte zu erschließen und damit die Konkurrenz bedeutungslos zu machen.

Vorteilhaft für die Käufer sind der verbesserte Nutzen des Angebots und ein niedriger Preis. Der Vorteil für das Unternehmen ergibt sich dagegen aus dem Unterschied zwischen dem Angebotspreis und den Kosten. Nutzeninnovation lässt sich also nur erreichen, wenn das gesamte System auf die Stärkung des Kundennutzens einerseits und die Senkung der Kosten des Unternehmens andererseits ausgerichtet ist (siehe Abb. 1.9).

Strategy-Canvas

Die Strategy-Canvas (sogenannte Strategie-Leinwand) ist das zentrale Diagnosewerkzeug, aus dem die notwendigen Elemente für eine erfolgreiche Blue-Ocean-Strategy hergeleitet werden. Hierbei handelt es sich um ein Diagramm, auf dessen horizontale Achse die Faktoren angezeigt werden, mit denen die Industrie konkurriert und in die sie investiert. Die vertikale Achse zeigt den Grad des Nutzens für den Kunden an.

Dieses Instrument hilft dabei, einen Überblick über den aktuellen Stand und die marktbeeinflussenden Faktoren der jeweiligen Branche zu erhalten. Dabei werden sowohl der Spitzenanbieter als auch kleinere Anbieter auf einem Markt betrachtet. Abhängig von der Branche können Eigenschaften des Produkts, aber auch andere Aspekte wie Service, Ambiente oder Preisgestaltung von Bedeutung sein. Am Ende ergibt sich eine Nutzenkurve, die aufzeigt, worauf die jeweiligen Konkurrenten Wert legen.

4-Actions-Framework

Im nächsten Schritt werden mithilfe des 4-Actions-Framework die wichtigsten Merkmale aus Kundensicht erarbeitet. Dabei wird eine Nutzen-Kosten-Abwägung mit folgenden Fragen durchgeführt, um eine neue Nutzenkurve erstellen zu können:

  • Welche Faktoren, die in der Branche üblicherweise angeboten werden, können beseitigt werden?
  • Welche Faktoren lassen sich deutlich unter den Industriestandard reduzieren?
  • Welche Faktoren können deutlich über den Industriestandard gehoben werden?
  • Welche Faktoren können geschaffen werden, die von der Branche noch nie angeboten wurden?

Die ersten beiden Fragen tragen dazu bei, die Kosten zu verringern. Mithilfe der frei werdenden Ressourcen kann das betreffende Unternehmen die Faktoren, auf die sich die letzten beiden Fragen beziehen, abwandeln, sodass wichtige Merkmale verbessert werden und neue Eigenschaften einen neuen Kundennutzen erzeugen.

ERRC-Grid

Die Nutzenkurve für das Unternehmen lässt sich anhand des Eliminate-Reduce-Raise-Create-Grid (ERRC-Grid) erstellen. Dazu werden dieselben Fragen wie beim 4-Actions-Framework gestellt, diesmal aber aus Sicht des Unternehmens. Das Ergebnis zeigt, wo es in Aktion treten kann, und benennt konkret die Faktoren, die eliminiert, reduziert, gesteigert oder kreiert werden sollten.

Dieses Vorgehen bringt folgende Vorteile mit sich:

  • Es zwingt dazu, gleichzeitig über Produktdifferenzierung und Kostenreduzierung nachzudenken.
  • Es wird sofort offensichtlich, welche Unternehmen nur auf Leistungs- oder Qualitätssteigerung ausgerichtet sind und dabei die Kostenstruktur außer Acht lassen (Stichwort „Overengineering“).
  • Das Ergebnis ist von Managern auf allen Ebenen leicht zu verstehen, woraus ein hohes Maß an Engagement bei der Umsetzung resultiert.
  • Die Vollendung des Gitters ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der die Beteiligten jeden Leistungsfaktor der Branche kritisch hinterfragen müssen.
  • Nach dem Einsatz des ERRC-Grid kann auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse die neue Nutzenkurve in die Strategy-Canvas eingetragen werden.

[1] Vgl. Kim / Mauborgne (2005).