Nichtigkeit von Verträgen

11.01.2021 | Recht + Steuern

Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es mit so schweren Mängeln behaftet ist, dass es nicht gültig werden kann. Bei einem nichtigen Rechtsgeschäft fehlt entweder ein Tatbestandselement (z. B. Konsens, Geschäftsfähigkeit nach § 105 Abs. 1 BGB) oder es ist der Tatbestand einer besonderen Nichtigkeitsnorm erfüllt.

Nichtigkeitsgründe

Scheingeschäft

Nach § 117 Abs. 1 BGB sind Scheingeschäfte nichtig. Ein solches liegt vor, wenn eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird – in der Regel, um damit ein anderes Geschäft zu verdecken.

Beispiel

A will von B ein Haus zum Preis von 500.000 EUR kaufen. Um Erwerbsnebenkosten (z.B. Grunderbsteuer und / oder Maklerprovisio) zu sparen, vereinbaren die Parteien, beim Notar einen Kaufpreis von nur 400.000 EUR beurkunden zu lassen und der restliche Betrag soll nur “so” an B fließen.

In diesem Fall ist der notariell beurkundete Vertrag somit nur ein Scheingeschäft, da sich A und B tatsächlich auf einen Kaufpreis von 500.000 EUR verständigt und nicht auf die beurkundeten 400.000 EUR. Der Notarvertrag ist daher nichtig!

Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot

Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.

Beispiel

Der Verkauf von Drogen verstößt gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Ein entsprechender Kaufvertrag ist daher nichtig.

Verstoß gegen die guten Sitten

Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Der Begriff der „guten Sitten“ umschreibt „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen“ und bezieht sich auf die allgemein gültigen Wertvorstellungen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Nach § 138 Abs. 2 BGB liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten insbesondere dann vor, wenn bei einem Rechtsgeschäft, durch das jemand

  • unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen
  • sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt,
  • die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen (Wucher).
  • Nach einer Faustformel ist von Wucher auszugehen, wenn die Leistung des Schuldners mehr als 100 % über dem Marktpreis liegt.

Verstoß gegen Formerfordernisse

Verträge sind zwar grundsätzlich an keine Form gebunden, d.h. sie können nach Wahl der Parteien mündlich, schriftlich, etc. vorgenommen werden). Allerdings können Ausnahmen hiervon existieren.

So sind für einige Verträge per Gesetz eine bestimmte Form vorgeschrieben (Schutzfunktion), z.B.:

  • der Kauf eines Grundstücks (Schriftform und notarielle Beurkundung),
  • Übertragung des Geschäftsanteils (notarielle Beurkundung),
  • Befristete Arbeitsverträge (Schriftform),
  • Bürgschaft (Schriftform).

Bei Nicht-Beachtung der gesetzlichen Form ist das Rechtsgeschäft stets nach § 125 Satz 1 BGB nichtig.

Beispiel (siehe oben)

A und B haben zwar einen Kaufvertrag über das Haus zum Preis von 500.000 EUR abgeschlossen, diesen aber so nicht notariell beurkunden lassen. Auch dieser Vertrag ist daher wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Formerfordernis nichtig.

Des Weiteren können auch die Vertragsparteien eine bestimmte Form für die Abgabe von Erklärungen vereinbaren. In diesen Fällen ist das Rechtsgeschäft im Zweifel nach § 125 Satz 2 BGB nichtig.

Beispiel

In einem Mietvertrag vereinbaren die Parteien, dass eine Kündigung des Vertrages der Schriftform bedarf.

Eine Kündigung ist daher nur wirksam, wenn das Schreiben mit der Original-Unterschrift des Kündigenden versehen ist. Eine Kündigung per E-Mail oder Telefax reicht nicht aus, da dies nur in Textform erfolgt!

Rechtsfolgen für den gesamten Vertrag

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist nach § 139 BGB das gesamte Rechtsgeschäft nichtig , es sei denn, es wäre auch ohne den nichtigen Teil abgeschlossen worden.

Hinweis

Um zu vermeiden, dass irgendeine Vertragsklausel aus einem nicht erkannten Grund nichtig sein sollte, und dadurch gemäß § 139 BGB der gesamte Vertrag unwirksam wird, wird in den meisten Wirtschaftsverträgen die sog. “Salvatorische Klausel” verwendet:

“Sollte eine Bestimmung dieser Geschäftsbedingungen oder eine Bestimmung im Rahmen sonstiger Vereinbarungen unwirksam oder lückenhaft sein oder werden, so wird hiervon die Wirksamkeit aller sonstigen Bestimmungen oder Vereinbarungen nicht berührt.”

Umdeutung

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde (sog. „Umdeutung“ gemäß § 140 BGB).

Beispiel

Ein befristeter Arbeitsvertrag bedarf der Schriftform. Fehlt diese, wird im Rahmen der Umdeutung der Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages angenommen!